1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Wetter: Wetter: Hagel - Ausnahme oder bald die Regel?

Wetter Wetter: Hagel - Ausnahme oder bald die Regel?

Von CHRISTIAN SCHAFMEISTER 19.06.2012, 17:31

Halle (Saale)/MZ. - Hühnereigroße Hagelkörner haben am Montagabend in Schaprode auf der Ostseeinsel Rügen 350 Autos teils schwer beschädigt. Die Wucht der Einschläge sei so groß gewesen, dass auch einige Enten und Hühner ums Leben kamen, sagte gestern Hafenmeister Detlef Gögge. In Potsdam flüchteten Passanten vor den Hagelkörnern und suchten eilig Schutz in Hauseingängen und unter Bäumen. Betroffen von der Unwetterfront waren auch Teile Sachsen-Anhalts. In Parey (Jerichower Land) stürzten mehrere Bäume um und beschädigten parkende Autos.

Die Ereignisse reihen sich ein in eine Serie heftiger, aber lokal begrenzter und sehr kurzer Unwetter. Erst Mitte Mai hatte eine Windhose in Mehringen (Salzlandkreis) schwere Schäden angerichtet (die MZ berichtete). Ob die Zahl der Unwetter wirklich zugenommen hat, ist aber umstritten.

Für den Rückversicherer Munich Re ist der Befund eindeutig. "Die Zahl der Wetterkatastrophen in Deutschland ist insgesamt gestiegen", sagte Sprecher Michael Able. Im langfristigen Trend habe sich die jährliche Zahl solcher Ereignisse von acht Anfang der 70er Jahre auf nunmehr 35 erhöht. Im Jahr 2011 wurden sogar 44 Wetterkatastrophen registriert, die meisten davon Stürme. "Der Klimawandel spielt da sicher eine Rolle", sagte Able. Für die Allianz war 2011 ebenfalls ein außergewöhnliches Jahr. "Wir hatten extrem hohe Schäden durch Unwetter und Naturkatastrophen", erklärte Sprecherin Sabine Schaffrath. Dabei seien auch Regionen betroffen gewesen, die bisher stets verschont wurden. "Das hat sich natürlich auch in unserer Bilanz niedergeschlagen." So mussten alleine nach Naturkatastrophen knapp 400 Millionen Euro an Versicherte ausgezahlt werden. Ein Jahr zuvor waren es 333 Millionen Euro. Der Vermutung, dass die Zahl der Unwetter kontinuierlich steige, widersprach die Sprecherin aber. "Das verläuft eher in Wellen."

Auch der Deutsche Wetterdienst sieht bislang keine belastbaren Daten für eine Zunahme von Unwettern in Deutschland. Tornado-Experte Andreas Friedrich spricht stattdessen von einem Beobachtungseffekt. "Die Dunkelziffer bei solchen Ereignissen ist heute geringer, weil auch Ereignisse beobachtet werden, die früher durch die Maschen gefallen sind." Klar sei nur, dass die Wahrscheinlichkeit für starke Gewitter und Hagel im Süden höher sei als in anderen Teilen der Republik. Grund dafür sei schlicht und einfach die größere Zahl an Gebirgen.

Einen Ausblick wagt Friedrich aber trotz der noch unsicheren Datenlage. So werde es auch hierzulande grundsätzlich wärmer und trockener. Damit steige zwar nicht die Zahl der Unwetter, aber deren Intensität. "Wenn es künftig knallt, dann wird es heftiger."