Walpurgisnacht im Harz Walpurgisnacht im Harz: Folklore mit einem Schuss Erotik

Schierke/dpa. - Heute lehrt der Hexensabbat nicht mehr das Fürchten. In der nachder heiligen Walburga, der Beschützerin vor Zauberpraktiken benannten Nacht, steigen allerorten feucht-fröhliche Feste. Auch dank des Feiertags am 1. Mai, dem Tag der Arbeit, ist der Brauch weit über die Grenzen des Harzes hinaus Anlass, mit Feuerwerk, Shows, Lagerfeuer, Speis' und Liebestrank den Frühling zu begrüßen.
Die meisten Walpurgisfeste dürfte es nach wie vor rund um denBrocken geben. Allein an Norddeutschlands höchstem Berg tummelten sich im vergangenen Jahr Zehntausende bei den Walpurgis-Feierlichkeiten.
Auch an diesem Montag werden in Goslar, Schierke, Thale,Wernigerode und vielen Orten wieder die Hexen das Zepter übernehmen. Auf der Bühne im Schierker Kurpark werde eine «Hexenrevue» aufgeführt, die die Begattung einer Hexe zeige, sagte Kurdirektor Rüdiger Ganske. «Wir verdeutlichen auf erotische Weise, dass der Winter vorüber ist und der Frühling beginnt.» Walpurgisnacht in Schierke sei nicht nur Klamauk, sondern Mystik und Fabelhaftes.
Stolz fügt der Kurdirektor hinzu: «Goethe hat nicht umsonst seinen "Faust" hierher verlegt.» Mit seinem Reim verhalf der Dichter dem Brocken zu Ruhm: «Die Hexen nach dem Blocksberg ziehn, die Stoppel ist gelb, die Saat ist grün. Zum Brocken zieht der wilde Hauf, Herr Urian sitzt obenauf.»
Volkskundler Gunther Hirschfelder von der Universität Bonn nenntdie Walpurgisfeiern in einem Atemzug mit dem österlichen Eiersuchen und dem Schmücken von Weihnachtsbäumen. Die religiöse Bedeutung dieser Feiern sei kaum mehr zu vermitteln. Vielmehr suche sich die Gesellschaft auf Symbole reduzierte, im Jahresverlauf feste Gemeinschaftserlebnisse - Muttertag, Halloween, die Love Parade oder eben Walpurgisnacht.
«Es gibt diesen ursprünglichen Kult nicht», erklärt Hirschfelder. «Was wirklich am Brocken passiert ist, wissen wir nicht - aber es gab seit jeher den Tanz in den Mai.» Ob es nun jemals Hexen auf demBlocksberg gab oder nicht - heute müssen sie auf alle Fälle im Talbleiben: Eine Naturparkverordnung verbietet laute Feste auf dem mitalten Abhörstationen zugebauten Plateau des Brocken. In den Jahren,in denen er noch als «Grenzberg» zwischen BRD und DDR stand, war dieWalpurgis-Tradition sogar gänzlich unterbrochen.
Eng verbunden mit der Walpurgisnacht ist noch ein «heidnischerBrauch»: Jugendliche in ganz Deutschland nutzen die «Freinacht» zum 1. Mai für ihre Streiche. Besonders in Bayern drückt die Polizei beim Umwickeln von Autos mit Toilettenpapier oder bei Klingelstreichen ein Auge zu - Gewohnheitsrecht.