Vorschlag zur A71-Verlängerung Vorschlag zur A71-Verlängerung: Eine Phantompiste bis Bernburg?

Halle (Saale) - Sachsen-Anhalts Autobahnen - das ist eine Geschichte von Baupannen wie dem Betonkrebs, von juristischen Auseinandersetzungen und langwierigen Planungsverfahren wie bei der A 143, der nach Klagen immer noch nicht fertig gebauten Westumfahrung Halles. Und es ist eine Geschichte von hochfliegenden Plänen: Im neuen Bundesverkehrswegeplan, der gerade in Arbeit ist, hat das Land erneut ein Autobahn-Neubauprojekt angemeldet, das der Bund schon vor Jahren abgelehnt hat.
Es geht um knapp 46 Kilometer der Nord-Verlängerung der A 71. Die Trasse kommt aus Thüringen, in Sachsen-Anhalt trifft sie auf die Südharzautobahn A 38 und endet dort. Das Land möchte die Strecke gerne verlängern, quer durch das Mansfelder Land bis zur A 14 bei Bernburg. Damit könne eine „zügige Verbindung“ des Wirtschaftsraumes Sangerhausen/Mansfelder Land zu den Ost- und Nordseehäfen gewährleistet werden, erklärt das Verkehrsministerium.
„Wir kämpfen für eine gute Infrastruktur. Dazu gehört die Nordanbindung von Sangerhausen“, sagt der örtliche CDU-Landtagsabgeordnete und Fraktionschef André Schröder. Er trommelt seit Jahren für die Trasse, wie auch die Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau (IHK). „Für Unternehmen ist eine schnelle Straßenverbindung ein Standortvorteil“, sagt der Sangerhäuser IHK-Geschäftsstellenleiter Frank Lehmann.
"Keine Chance auf Realisierung"
Das Bundesverkehrsministerium hatte allerdings schon im Jahr 2003 keinen Bedarf für die A-71-Nordverlängerung gesehen und eine Aufnahme in den Bundesverkehrswegeplan abgelehnt. Dass Sachsen-Anhalt dennoch unverdrossen daran festhält, löst bei Dietmar Weihrich Kopfschütteln aus. Der Grünen-Verkehrsexperte im Landtag hält das Projekt für ein Phantom. „Jeder müsste wissen, dass es keine Chance auf Realisierung hat.“ Schließlich habe der Bund erklärt, sich beim Straßenbau auf den Erhalt des Bestandes zu konzentrieren und Neubauvorhaben nur dann zu finanzieren, wenn sie absolut notwendig seien. „Darunter fällt die A 71 mit Sicherheit nicht.“
Nicht nur Weihrich verweist auf die A 143, die - wenn sie denn erst einmal fertig ist - ebenfalls eine kurze Verbindung von der A 38 zur A 14 schafft. „Damit wird die A 71 erst recht obsolet“, meint auch der Landesgeschäftsführer des Bundes für Umwelt und Naturschutz, Oliver Wendenkampf.
IHK-Mann Lehmann nennt dagegen einen Umweg über die A 143 unzumutbar für Unternehmen. Was sagen die Zahlen? Das Land begründet seine Forderung mit eigenen Prognosen, wonach der 46 Kilometer lange Neubau-Abschnitt im Jahr 2025 täglich von rund 31 000 Autos befahren werde. Das ist das Ergebnis einer Hochrechnung von Zählungen, unter anderem aus dem Jahr 2012 auf der Bundesstraße 86, zu der die neue Trasse zum Teil parallel verlaufen würde. An zwei Stellen wurden damals rund 15 000 und knapp 10 000 Fahrzeuge gezählt. Woher die Verdoppelung beziehungsweise Verdreifachung angesichts sinkender Bevölkerungszahlen kommen soll, bleibt rätselhaft.
Bundesverkehrswegeplan
Im Ministerium wird eingeräumt, dass der Bund sich eigene Prognosen für die im Bundesverkehrswegeplan angemeldeten Trassen vorbehalten habe. Die aber gibt es noch nicht. Generell geht der Bund zwar davon aus, dass der Autoverkehr bis 2030 um zehn Prozent zunehmen werde, der Schwerlastverkehr sogar um 39 Prozent. „Das sind aber bundesweite Durchschnittswerte“, sagt Werner Reh, Verkehrsreferent beim Bund für Umwelt und Naturschutz. Außerhalb der Metropolen werde es kaum Wachstum geben.
Sachsen-Anhalt hat für den Bundesverkehrswegeplan 31 neue Straßenbauprojekte angemeldet, meist Ortsumgehungen. Oliver Wendenkampf hat deshalb einen Verdacht: „Die schreiben da erstmal alles rein, in der Hoffnung, dass sie sich am Ende ihre Lieblingsprojekte aussuchen können“, meint der Umweltschützer. CDU-Mann Schröder bestätigt das sogar: Die Verlängerung der A 71 sei „eine Maximalvariante, um Verhandlungsspielraum zu haben“. Wenn es am Ende stattdessen Ortsumgehungen in der Region gebe, sei das auch gut.
Ob diese Rechnung aufgeht, ist ungewiss. (mz)