Vögel aus dem Norden Vögel aus dem Norden: Das skandinavische Problem

Höhnstedt - Kormorane? Gerade einmal drei Exemplare sitzen auf den Stellnetzen von Fischer Christian Kulawik im Kernersee bei Höhnstedt (Mansfeld-Südharz). „Vielleicht sieben Tiere haben wir das ganze Jahr über hier, die machen keinen wirtschaftlichen Schaden“, sagt der 31-jährige Juniorchef des Fischereibetriebes. Das Problem, so Kulawik, seien nicht die ortsansässigen Tiere. „Sondern die Schwärme, die im Herbst aus Skandinavien kommen.“ Bis zu 1 000 Kormorane lassen sich dann an den Seen zwischen Halle und Eisleben nieder. „Mal eine Woche, mal auch einen ganzen Monat“, sagt Kulawik. Wenn sie nur die Kaulbarsche holen, sei das nicht so das Problem. „Aber bei jedem Aal, da blutet einem schon das Herz.“
Aalbrut muss gekauft werden und es dauert bis zu 15 Jahren, bis ein Aal schlachtreif ist. Hinzu kommen die Fische, die der Kormoran zwar kurzzeitig erwischt, die aber fliehen können. Die Wunden verpilzen und der Fisch stirbt letztlich auch. Kulawik schätzt, dass auf einen gefangenen zwei geflüchtete Fische kommen, die verenden.
Dennoch äußert sich der Fischer sehr skeptisch zur geplanten Abschussfreigabe. „Da schlagen zwei Herzen in meiner Brust“, sagt Kulawik. „Für mich ist der Kormoran ein wunderschöner Vogel. Ich bin froh, dass sich die Beständen wieder erholt haben.“ Allerdings zum Teil soweit, dass sie wirtschaftlichen Schaden anrichten. Doch das sich der mit dem Gewehr minimieren lässt, glaubt Kulawik nicht. „Die Vögel sind extrem intelligent, die merken schnell, wenn hier einer schießt“, berichtet der Juniorchef des Fischereibetriebes.
Er weiß das aus Experimenten mit Silvester-Raketen, mit denen man versucht habe, die Kormorane zu vergrämen. Nabu-Geschäftsführerin Annette Leipelt bestätigt die Erfahrung: „Der Kormoran sucht dann sehr schnell neue Futterstellen. Und durch den Fluchtdruck braucht er noch mehr Nahrung.“
Für Kulawik ist der Kormoran auch kein sachsen-anhaltisches, sondern ein europäisches Problem: „Die Schwärme kommen aus Skandinavien, dort müsste man tätig werden“, sagt der Fischer. Doch im fjord- und seereichen Norden ist das kein Thema. Nein, der Abschuss, der für Jäger auch nicht lukrativ ist, bringe wohl nichts. Sondern eher ein Tier, das als ökologische Katastrophe gilt - der Waschbär. Die räubern die Nester leer und holen Eier wie Jungvögel. Kulawik hat schon von Kollegen gehört, die sich statt einer Sondergenehmigung auf Abschuss lieber eine Waschbärfamilie besorgt haben. (mz)