Verfassungsschutz Verfassungsschutz: In Sachsen-Anhalt steigen erste Rechtsextreme aus

halle (Saale) - Die Neuauflage des Ausstiegsprogramms für Rechtsextreme in Sachsen-Anhalt kann erste Erfolge vorweisen. Nach Informationen von Jochen Hollmann, Chef des Landesverfassungsschutzes, hat sich ein junger Rechtsextremer von der Szene losgesagt, mit vier weiteren sei man im Gespräch.
Vor einem Jahr hatte Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) die Etablierung eines Ausstiegsprogramms für Rechtsextreme ins Leben gerufen. Ein heikles Unterfangen, denn ein erster Projekt in den Jahren 2006 bis 2008 war aufgrund Erfolglosigkeit still und heimlich beerdigt worden. Es gab kein zusätzliches Geld, keine Koordination - und kein Interesse in den Ressorts Kultus, Soziales und Justiz. „Wir wollten es dieses Mal besser machen“, sagte Hollmann.
Auf einem guten Weg
Das ist auf jeden Fall schon einmal gelungen: Zwar handele es sich nach Aussagen des Geheimdienstchefs bei dem Aussteiger um keinen hochrangigen Kader, aber mit strafrechtlicher Vergangenheit. Insgesamt gab es Kontakte zu weiteren zehn Personen. „Mit vier davon sind wir im Gespräch“, so Hollmann weiter. Damit ist der Chef des Landesverfassungsschutzes zufrieden, auch wenn bislang nicht alle Erwartungen erfüllt worden: „Wir sind auf einem guten Weg.“
Der Verfassungsschützer weiß aber auch, dass es noch ein langer und steiniger wird. Dabei gehe es nicht nur darum, Vertrauen bei jenen aufzubauen, die klassischerweise nichts mit den Hütern der Demokratie am Hut haben - sondern das Projekt auch gegen Kritik aus der Politik zu verteidigen. Grüne und Linke hatten zuvor vergeblich geworben, eine nicht-staatliche Organisation als Träger des Aussteigerprojekts zu gewinnen.
Viele kommen auf Empfehlung
Aussteigewillige werden auf den verschiedenen Wegen aufmerksam gemacht - modern über einen QR-Code und das Internet oder klassisch über Flyer und Visitenkarten. Das Gros der Klienten kommen aber quasi auf Empfehlung - von Polizei, Sozialarbeitern, Richtern. Es gibt eine kostenfreie Telefonnummer mit Anrufbeantworter. „Auf dem auch Heil-Hitler-Rufe zu hören waren“, so Hollmann. Daher steht nach einem Anruf am Anfang zunächst immer die Frage nach der Ernsthaftigkeit. Im zweiten Schritt übernimmt ein Sozialarbeiter die Betreuung.
Das Problem sei nicht die Distanzierung vom Rechtsextremismus - das gelinge schnell. Wichtig sei vor allem eine soziale Stabilisierung. Hollmann zufolge gehe es um die Vermittlung zu Arbeits- und Sozialämtern. Der Verfassungsschutz könne in extremen Fällen auch mit einer neuen Identität in einem neuen Lebensumfeld helfen. Geld als Ausstiegsmotivation sei hingegen nicht entscheidend, dafür stehen dem Programm jährlich auch nur 10 000 Euro zur Verfügung. „Das ist für spezielle Wünsche“, sagt Hollmann. „Etwa, wenn ein tätowiertes Hakenkreuz entfernt werden muss.“