Universität Halle Universität Halle: Aus für Anti-Baby-Spritze
Halle (Saale)/MZ. - Eine Verhütungsspritze für den Mann wird es in absehbarer Zeit nicht geben. Eine Studie der Weltgesundheitsorganisation WHO in acht Ländern dazu ist wegen zu großer Nebenwirkungen der eingesetzten Wirkstoffe abgebrochen worden. "Das ist ein großer Rückschlag", sagte Michael Zitzmann, Leiter der Studie in Deutschland und Professor am Zentrum für Reproduktionsmedizin der Uni Münster. Neben diesem Institut beteiligte sich in Deutschland allein die Uniklinik Halle an der internationalen Studie.
Ähnlich wie die Pille
Mit der Spritze erhielten die Männer einen Mix aus dem männlichen Sexualhormon Testosteron und dem weiblichen Hormon Gestagen. Sie wirkte damit ähnlich wie die Anti-Baby-Pille für Frauen. Ziel der Studie war es, ein Verhütungsmittel auch für Männer zu entwickeln. "Die Männer sind daran interessiert, der Bedarf ist da", sagt Zitzmann. Zudem wollten auch zahlreiche Frauen bei der Verhütung gerne die Rollen tauschen und beispielsweise mit der Einnahme der Anti-Baby-Pille aussetzen.
Die Wirkstoff-Kombination der getesteten Verhütungsspritze unterdrückt die Spermien-Produktion bei den Männern. Dieser Effekt sei auch während der Studie verlässlich eingetreten, so Zitzmann. "Das hat bei allen geklappt." Allerdings habe es bei zehn Prozent der Testpersonen Nebenwirkungen gegeben: Depressionen, verminderte Libido und Gewichtszunahme. Vor allem die älteren der 18- bis 45-jährigen Probanden seien betroffen gewesen, Männer über 35 Jahre.
Die hohe Quote der Nebenwirkungen ließ die Wissenschaftler schließlich die Studie weltweit abbrechen, berichtet Zitzmann. Schließlich hätten die beteiligten Männer nicht überempfindlich reagiert. Die verminderte sexuelle Lust "hat viele Paare geärgert", sagt Zitztmann. "Auch die Frauen haben sich beschwert."
Gestartet war die Testreihe im Jahr 2008 in Chile. Am Zentrum für Reproduktionsmedizin der Uniklinik Halle lief sie seit Ende 2009. Sie war ursprünglich auf zweieinhalb Jahre angelegt. Nun soll sie bereits im Herbst während einer Tagung in Seattle (USA) ausgewertet werden. Für Zitzmann ist allerdings schon jetzt klar: "Der Verhütungsansatz der WHO ist damit vom Tisch." Zwar gebe es derzeit noch einige kleinere Studien für Verhütungsmittel für den Mann. Einen neuen, globalen Anlauf zu nehmen, werde aber schwierig.
Initiiert worden war die globale Studie von der WHO. Dabei hatte die Organisation vor allem Entwicklungsländer im Blick. Die Verhütungsspritze ist unter anderem in Chile, Indien und Indonesien getestet worden. Nach anfänglichen Erfolgen setzten die Forscher große Hoffnungen in ihr Konzept. Der hallesche Leiter der Studie, Medizinprofessor Hermann Behre, sprach vor gut einen Jahr noch davon, dass nach jahrzehntelanger Forschung der "wissenschaftliche Durchbruch" erreichbar scheine.
Forschung ruht
Weitere Erfolge rücken nun aber in weite Ferne. So ist ein weiteres Forschungsprojekt auf der Basis einer Hormonspritze und eines Implantates bereits 2007 eingestellt worden. "In den nächsten zehn bis 15 Jahren gibt es dafür keine Marktchancen", sagte Bayer-Sprecherin Friederike Lorenzen der Nachrichtenagentur dpa. Und auch die im Verband Forschender Arzneimittelhersteller organisierten 43 Pharmafirmen forschen derzeit nicht an einem Verhütungsmittel für den Mann.