Ungewöhnliche Firma Ungewöhnliche Firma: Werbung für den passenden Sponsoring-Partner
Halle/MZ. -
Die kleine Ecke im Raucherzimmer wirkt wie ein Herrgottswinkel der Werbe-Branche: Auf einer verstaubten Fernseh-Truhe der Marke "Stassfurt" klebt das Computer-Logo mit dem angebissenen Apfel, das jedem Grafik-Designer als Religions-Ersatz dient. Neben dieser Apple-Karikatur aber prangt eine handgeschriebene Losung, bei der - welch eine Sünde - der Inhalt wichtiger als die Form zu sein scheint: "Das Wesentliche ist eine Frage der Methode."
Von seinem Platz auf dem Sofa hat Eik Stiefel das ironische Arrangement voll im Blick. Zwei Etagen tiefer lärmt Halles Große Ulrichstraße, an den Scheiben des offenen Fensters formen große Lettern den Namen "Methode 21". Hinter diesem Titel verbirgt sich die "Gesellschaft für Markenführung", die der heute 28-Jährige gemeinsam mit Robert von Massow vor fünf Jahren gründete - und die inzwischen zwölf Mitarbeiter beschäftigt.
Hinter den Klischees
Bei oberflächlicher Betrachtung ist das Unternehmen eine Werbe-Agentur, wie es viele gibt: Junge Enthusiasten mit der Bereitschaft zur Selbstausbeutung und der Hoffnung auf Erfolg. Viel Kaffee, mehr Zigaretten und ein Maximum an guten Ideen ... ein Klischee, das mitsamt der improvisierten Einrichtung selbst Teil einer Image-Kampagne sein könnte. Doch wenn man mit Stiefel redet, fallen bald Stichworte wie "Verantwortung" und "Vertrauen", die offenbar nicht strategischer Selbstdarstellung dienen. Damit wird klar, was man hier mit "Markenführung" meint.
Tatsächlich fragen die halleschen Methodiker ihre Kunden nicht nur nach dem Produkt und der Zielgruppe, die sie zusammenbringen sollen. In den Gesprächen mit den Managern geht es vielmehr auch um die Rolle der Wirtschaft in der Gesellschaft, um ihr Engagement für soziale oder kulturelle Projekte. Mit Statistiken und Umfragen werben die Kontakter dabei um Bewusstsein: Gewinn ist kein Selbstzweck, sondern will als Verpflichtung zur Investition in den eigenen Standort verstanden sein. Und weil ein gutes Vorbild immer noch das beste Argument ist, leistet sich "Methode 21" selbst ein Prestige-Objekt: "Electric Renaissance" soll bei den Händel-Festspielen einen modernen Kontrapunkt setzen.
Lohn und Gewinn
Dass sich solche Projekte ganz sicher lohnen und vielleicht sogar bezahlt machen, weiß Stiefel aus Erfahrung. Die Erinnerung an den ideellen Gewinn, den man in der DDR aus kultureller Eigeninitiative ziehen konnte, verdankt er seinem Elternhaus. Und die Einsichten in die Werbebranche, die ihn nun von der idealen Agentur als "kapitalistische Kommune" sprechen lassen, sammelte er nach dem Abbruch seines Studiums bei einer Werbekaufmanns-Lehre in Berlin. Dort lernte er auch den Grafiker Robert von Massow kennen, der sein Handwerk in den USA verfeinert hatte. Das Geld für den ersten Computer mussten sie sich noch bei den Eltern borgen, wenig später wurde mit Aufträgen von MDR-Sputnik und -Jump der Grundstein für das eigene Konto gelegt. Inzwischen, sagt Stiefel, sieht ihr Business-Plan den Gewinn eines neuen Klienten pro Monat vor. Und angesichts zufriedener Kunden wie des Flughafens Leipzig / Halle und der Infraleuna, der Magdeburg-Messe oder des Stadtmarketings Leipzig scheint dies realistisch.
Dass sie sich nebenbei auch das Vergnügen gönnen, für die befreundete Band "Zombie Joe" ein Video zu drehen (und sich freuen, wenn "Moloko Milchbar" dann auf dem Musiksender Viva läuft), dass sie für den "Polizeiruf 110" aus Halle Requisiten basteln (und am Ende selbst als Statist am Fahndungs-Computer sitzen), garantiert die Balance zwischen Spaß und Ernst. Die seriöse Agentur freilich, deren Erfolg laut Stiefel "eine Frage der Intensität" ist, steht immer im Zentrum. Denn ohne Geld ist auch kein Engagement für die Dinge möglich, die wirklich wichtig sind. Deshalb plant "Methode 21" den Aufbau einer bundesweiten Internet-Datenbank, die Firmen und Kulturträgern die Suche nach dem passenden Sponsoring-Partner erleichtern soll. Eine gute Idee - aus Sachsen-Anhalt für Deutschland.