Treffpunkt Jugendklub Treffpunkt Jugendklub: «Boombastic» statt Straße
Sandersleben/MZ. - Was er ohne den Klub machen würde? Andreas, 19 Jahre alt, muss nicht lange überlegen. "Dann würden wir uns wieder auf der Straße treffen." Wir, das sind gut 40 Jugendliche im kleinen Städtchen Sandersleben (Mansfelder Land). Sie kommen regelmäßig in den Jugendklub "Boombastic".
Der liegt in einem alten Schloss, aber bombastisch wirkt der Klub deswegen nicht. Die Jugendlichen sitzen auf gebrauchten Möbeln, der Billardtisch hat dünne Stellen. Neu ist indes das Computer-Kabinett. Weil die einzige Sekundarschule des Ortes schließen musste, hat der Klub die Einrichtung für ein Internetcafé übernommen.
Corina kommt nicht zum Surfen. "Hier kann man Kaffee trinken und trifft viele Leute. Die kommen alle her, weil sie keine Arbeit haben", sagt die junge Frau. Und man könne im Klub Sorgen loswerden. "Mit Frau Werner kann man alles besprechen", sagt Corina, "sie ist die Mutter der Nation". Ein hübscher Titel. In Sandersleben verdient diese Mutter der Nation 165 Euro. Karin Werner, die Leiterin des Klubs ist "geringfügig beschäftigt".
Ohnehin hat man den Eindruck, die Jugendarbeit in Sandersleben werde mit alternativen Job-Modellen am Leben erhalten. Außer Karin Werner gibt es noch zwei weitere Mitarbeiter: Eine Stelle läuft als ABM, die andere als Ein-Euro-Job. Beide werden von der Arbeitsagentur bezahlt und die Mitarbeiter wechseln jedes halbe Jahr. "Meistens sind das weder Erzieher noch Sozialarbeiter", sagt Karin Werner. "Und der häufige Wechsel macht es den Jugendlichen schwer, sich an jemanden zu gewöhnen. Die schütten nicht sofort ihr Herz aus."
Die Leiterin selbst ist Erzieherin und konnte sich bis Ende vergangenen Jahres jeden Tag sechs Stunden lang mit den Jugendlichen beschäftigen. Jetzt ist sie nur noch acht Stunden in der Woche da. Viel Zeit für die Probleme der Jugendlichen bleibe nicht. "Der Papierkram frisst viel Zeit. Es tut mir selber leid, wenn ich dann schon gehen muss." Früher war Karin Werners Stelle aus dem Feststellenprogramm des Landes bezahlt worden. Dann hat sich der Landkreis, der die Landesgelder verteilt, auf Eisleben, Helbra und Hettstedt als Schwerpunkte konzentriert - und Werners Stelle nicht weiter finanziert. Da stand der Jugendklub vor dem Aus. Die Stadt sprang aber ein.
Sandersleben hat gut 2 200 Einwohner, der Ort schmiegt sich an die sanften Hügel des Mansfelder Landes. Der Haushalt der Kommune sieht weniger harmonisch aus. 150 000 Euro fehlen, um einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen zu können. Gut 7 000 Euro im Jahr kosten Sandersleben die geringfügige Beschäftigung von Karin Werner und die Betriebskosten des Klubs. Kleinigkeit? "Für uns ist das viel", sagt Bürgermeister Rainer Bittmann von der Unabhängigen Wählergemeinschaft.
Bevor es den Klub gab, hätten die Jugendlichen auf dem Markt gestanden. Dann sei schon mal etwas zu Bruch gegangen im Ort. Viele Jugendliche hätten Probleme, kämen aus sozial schwachen Familien. Sie bräuchten Betreuung. Natürlich wisse er, dass ein 165-Euro-Job zu wenig ist. "Die Arbeit mit den Jugendlichen ist viel mehr wert als 7 000 Euro." Aber mehr könne die Stadt nicht geben. "Eine Steigerung wäre bei dieser Haushaltssituation weltfremd."