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Trauriger Rekord Trauriger Rekord: Magdeburg bangt: Riesiger Hochwasser-Scheitel drückt auf Deiche

Von Kai Gauselmann 10.06.2013, 21:18
Industriegebiet Magdeburg: MZ-Fotograf Thomas Meinicke flog mit einem Hubschrauber der Bundespolizei von Oppin aus über die Flutgebiete der Elbe bis nach Magdeburg.
Industriegebiet Magdeburg: MZ-Fotograf Thomas Meinicke flog mit einem Hubschrauber der Bundespolizei von Oppin aus über die Flutgebiete der Elbe bis nach Magdeburg. Meinicke Lizenz

Magdeburg/MZ - Auf diesen Rekord hätten die Magdeburger gerne verzichtet: längster jemals in Deutschland gemessene Hochwasserscheitel. Den registrierte der Krisenstab gestern für die Elbe. Das Hochwasser erreichte dort am Nachmittag die Höhe von 7,48 Metern. Und: Das Elbe-Hochwasser zog sich auch über die Länge von 40 Kilometern - praktisch von Wittenberg bis Magdeburg. Akut bedroht waren vor allem die Gebiete im tiefer liegenden Ostteil der Stadt. Dort rieten die Behörden 23.500 Menschen zur Räumung ihrer Wohnungen.

Magdeburgs Oberbürgermeister Lutz Trümper (SPD) war wie die tausenden Helfer unermüdlich im Einsatz. „Ich habe in der Nacht zwei Stunden geschlafen.“ Er rechnete damit, dass die Elbe nicht weiter steigt und der Pegel langsam sinken wird. In den vergangenen Tagen hatte Trümper seine Einschätzungen mehrfach ändern müssen - weil sich die Pegel-Prognosen nicht erfüllten. Ursprünglich war ein Maximum von 7,30 Metern vorhergesagt worden. Da hatte Trümper noch die Bevölkerung beruhigt.

„Ich will keine Panik haben“

Nachdem die Marke gerissen wurde, hatte er sich in der Nacht zu Sonntag mit einem dramatischen Offenen Brief an die Magdeburger gewandt und sie auf das Schlimmste vorbereitet. „Natürlich werden wir in unseren Anstrengungen, die Stadt zu verteidigen und ihre Bewohner zu retten, nicht nachlassen“, versicherte er zwar. Aber: „Ob uns das gelingt, weiß derzeit niemand. Wir müssen auf alles gefasst sein.“

Nachdem sich wiederum gestern Nachmittag abzeichnete, dass der Pegel fallen wird, äußerte sich Trümper gefasster. „Im Moment ist keine Steigerung zu erkennen. Aus meiner Sicht ist der Höchststand erreicht.“ Die entscheidende Frage ist nun, wie lange die Flut über sieben Metern bleibt - und ob die Deiche halten.

In der Not pausiert die Großstädte-Rivalität

„Neben vielen kleinen haben wir drei große Baustellen“, sagte Trümper. Zum einen die tiefer liegenden Gebiete östlich der Elbe, Ostelbien genannt. Dort wohnen gut zehn Prozent der Bevölkerung. Laut Trümper könnten diese im Notfall das Gebiet über nur eine Brücke verlassen. „Das wäre brisant, wenn die Deiche brechen.“ Deshalb wurde der Bevölkerung dort geraten, ihre Häuser zu verlassen. „Das ist eine Vorsichtsmaßnahme, ich will keine Panik haben“, so Trümper. Zweiter Brennpunkt ist die Elbinsel Werder. „Das ist unglaublich, dort steht die Elbe auf beiden Seiten einen Meter über dem Straßenniveau“, sagte Trümper. Auch dort wurde den Menschen zur Räumung geraten. Dritter Brennpunkt ist ein elbnahes Umspannwerk im Stadtteil Rothensee. Wird es überflutet und fällt aus, sind zehntausende Haushalte ohne Strom. Die Stromversorgung wäre nach den Angaben des Krisenstabes auf Monate hinaus gestört. Dort kämpfen 700 Soldaten und Feuerwehrleute unter anderem aus Köln und Münster gegen das Wasser. Die Elbe muss unter den Stand von 7,20 Meter fallen, damit das Werk außer Gefahr ist.

Eine Technikzentrale der Polizei musste bereits aufgegeben werden. Die Kommunikation mit anderen Länderpolizeien ist nun gestört, auch können die Beamten in Sachsen-Anhalt Fahndungen nicht mehr oder nur teilweise abrufen.

In der Not pausiert auch die Großstädte-Rivalität: Nachdem sich die Lage in Halle weiter entspannt hat, schickt die Saalestadt 100.000 Sandsäcke an die Elbe. Außerdem helfen Feuerwehrleute aus Halle, die Landeshauptstadt gegen das Hochwasser zu verteidigen.