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Trauerfeier in Magdeburg Trauerfeier in Magdeburg: Ex-Ministerpräsident Höppner beigesetzt

14.06.2014, 11:03
Ein Kondolenzbuch für den verstorbenen ehemaligen Ministerpräsidenten des Landes Sachsen-Anhalt, Reinhard Höppner.
Ein Kondolenzbuch für den verstorbenen ehemaligen Ministerpräsidenten des Landes Sachsen-Anhalt, Reinhard Höppner. dpa Lizenz

Magdeburg/dpa - Bei einem Trauergottesdienst im Magdeburger Dom haben am Samstag rund 700 Menschen Abschied vom ehemaligen sachsen-anhaltischen Ministerpräsidenten Reinhard Höppner genommen. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Nikolaus Schneider, zelebrierte den Abschiedsgottesdienst für den Familienvater und engagierten Christen. Gekommen waren auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier, Familienministerin Manuela Schwesig sowie der letzte DDR-Ministerpräsident Lothar de Maizière. Reinhard Höppner (SPD) war am Pfingstmontag im Alter von 65 Jahren einer jahrelangen Krebserkrankung erlegen.

Höppner war zwischen 1994 und 2002 Ministerpräsident Sachsen-Anhalts. Er prägte das „Magdeburger Modell“, in dem sich eine Minderheitsregierung von SPD und Grünen von der SED-Nachfolgepartei PDS - der heutigen Linken - stützen ließ. Später war die SPD allein auf die Tolerierung der Linken angewiesen. Höppner war in Haldensleben bei Magdeburg als Sohn eines Pfarrers geboren worden. Der Mathematiker stieg während der Wende in die Politik ein. Höppner engagierte sich bis zuletzt stark in der Kirche.

„Er war jemand, für den politische Verantwortung und der Glaube zusammengehörten“, so Steinmeier. Über Höppner und die Wendezeit sagte er: „Es war eine Zeit, in der die Menschen neue Orientierung gesucht haben. Er war in der Lage, Orientierung zu geben.“ Mut ohne Überheblichkeit, sich selbst zurückzunehmen und die Sache in den Mittelpunkt zu stellen, das habe den Sozialdemokraten ausgezeichnet.

Mut und Klarsicht

In dem sehr persönlich gestalteten Gottesdienst dankte Reinhard Höppners Ehefrau Renate - sie ist in Magdeburg Pfarrerin - für die vielen gemeinsamen Jahre, die drei Kinder und zwei Enkelkinder. Sie hob seine Liebe zur Mathematik und seine Sensibilität für Sprache ebenso hervor wie Höppners legendäre Marmelade und die selbstgeflochtenen Kränze für die Kirchengemeinde.

EKD-Ratsvorsitzender Schneider sagte, das Ehepaar habe sich bestens ergänzt - seine Ideen seien in ihre Predigten eingeflossen, ihre in seine Politik. Renate Höppner und ihre Kinder trugen als verbindendes Element einen orangefarbenen Schal des Kirchentags.

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel hat Sachsen-Anhalts verstorbenen Ex-Ministerpräsidenten Reinhard Höppner als „mutigen Politiker“ gewürdigt. „Er war ein aufrechter Sozialdemokrat mit großem Herzen“, erklärte Gabriel am Montag in Berlin. „Seine vermittelnde, ausgleichende Art haben die Menschen in Sachsen-Anhalt und politische Weggefährten parteiübergreifend sehr geschätzt.“ Das sozialdemokratische Forum Ostdeutschland verdanke Höppner bedeutende Impulse.

Nach dem Tod des früheren Politikers, Kirchentagspräsidenten und Synodenpräses Reinhard Höppner hat Landesbischöfin Ilse Junkermann seine „Menschenkenntnis und sein diplomatisches Geschick“ gewürdigt. „Wir werden seinen Rat vermissen und ihm ein ehrendes Andenken in unserer Kirche bewahren“, teilte die Bischöfin der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) am Montag in Magdeburg mit.

„Ob als Mitglied der Kirchenleitung oder Präses der Synode, seine Analysen und sein kluger Verstand, aber auch seine Menschenkenntnis wie auch sein diplomatisches Geschick waren stets hoch geschätzt“, erklärte Junkermann.

Die SPD in Sachsen-Anhalt hat sich am Montag bestürzt über den Krebstod ihres ehemaligen Ministerpräsidenten Reinhard Höppner gezeigt. „Die Sozialdemokratie und das Land Sachsen-Anhalt verlieren damit einen großen Politiker der ersten Stunde, der sein politisches Wirken stets dem Ausgleich zwischen Ost und West gewidmet hat“, erklärte die Landes- und Fraktionsvorsitzende der SPD, Katrin Budde, in Magdeburg. Als einer der Väter der Verfassung und Ministerpräsident von 1994 bis 2002 sei Höppner maßgeblich am Aufbau des Landes Sachsen-Anhalts beteiligt gewesen.

„Er war ein leidenschaftlicher Vorkämpfer für die Interessen Ostdeutschlands und hat sehr viel für die Herstellung der inneren Einheit Deutschlands erreicht“, sagte die Parteichefin. Höppner sei ein offener, warmherziger und bescheidener Mensch gewesen: „Wir trauern heute um einen Politiker mit Seele.“

Die Fraktionschefin der Grünen im Landtag von Sachsen-Anhalt, Claudia Dalbert, würdigt Reinhard Höppner als großen Demokraten. Er habe 1994, in schwierigsten Zeiten für das Land Sachsen-Anhalt und die hier lebenden Menschen den Mut gehabt, das Magdeburger Modell, eine Minderheitenregierung von SPD und Grünen unter Duldung der damaligen PDS gegen alle Konventionen durchzusetzen, erklärte die die Grünen-Politikerin in einer Stellungnahme. "Er überraschte damit auch diejenigen, die annahmen, man müsse die SPD bei der Gestaltung dieses Landes zum Jagen tragen. Reinhard Höppner gehörte zu denjenigen, die bereits auf der Jagd waren." Dalbert betont zudem, Höppner sei für viele in der bündnisgrünen Bewegung als grünster in der sachsen-anhaltischen SPD wahrgenommen worden.

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hat den früheren Regierungschef von Sachsen-Anhalt, Reinhard Höppner, nach dessen Tod als „mutigen, aber auch feinsinnigen Politiker“ gewürdigt. In vielen politischen Funktionen, etwa als Mitglied der ersten frei gewählten Volkskammer in der DDR oder als „versierter Politiker im Landtag“ und Ministerpräsident habe er „einen unverzichtbaren Beitrag zum Zusammenwachsen Deutschlands geleistet und insbesondere in Sachsen- Anhalt soziale und demokratische Maßstäbe gesetzt“, erklärte Wowereit am Montag in Berlin.

Der Fraktionschef der Linken im Landtag von Sachsen-Anhalt, Wulf Gallert, hat den politischen Mut des gestorbenen Ex-Ministerpräsidenten Reinhard Höppner (SPD) gewürdigt. Höppner hatte ab 1994 die erste deutsche Minderheitsregierung angeführt, die von der PDS, der heutigen Linken, toleriert wurde. „Er hat einen unwahrscheinlichen Mut bewiesen“, sagte Gallert am Montag dem Nachrichtensender MDR Info. Die Hürden für ein Bündnis mit den Linken seien damals für die Sozialdemokraten deutlich höher gewesen als heute. „Diese Hürden hat im Wesentlichen Reinhard Höppner genommen.“

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) hat mit tiefer Betroffenheit auf den Tod seines SPD-Vorgängers Reinhard Höppner reagiert. Das Land verliere mit ihm „eine Persönlichkeit, die als Vizepräsident der Volkskammer, in zwei Legislaturperioden als Ministerpräsident und bis in die Gegenwart als Repräsentant der EKD unser Land Sachsen-Anhalt maßgeblich geprägt hat“, erklärte der Regierungschef am Montag in Wittenberg. Die Landesregierung trauere mit der Familie „um diesen viel zu früh verstorbenen Altministerpräsidenten“.

Sachsen-Anhalts Ex-Ministerpräsident Wolfgang Böhmer hat seinen verstorbenen Amtsvorgänger Reinhard Höppner gewürdigt. Bei den Verhandlungen zum zweiten Solidarpakt habe er sich mit Sicherheit Verdienste erworben, sagte der CDU-Politiker dem Sender MDR Info. „Damals sind die wichtigsten Entscheidungen getroffen worden für den Solidarpakt II, der ja noch bis 2019 gilt und von dessen Finanzhilfen wir heute noch als Land Sachsen-Anhalt leben“, so Böhmer. Kritisch äußerte er sich zum „Magdeburger Modell“, bei dem eine SPD-geführte Minderheitsregierung unter Reinhard Höppner sich von der PDS tolerieren ließ. Das sei nicht die beste Lösung für das Land gewesen.

Über den Tod von Reinhard Höppner zeigt sich auch die Landesvorsitzende der Grünen in Sachsen-Anhalt, Cornelia Lüddemann, betroffen: "Mit Reinhard Höppner verlieren wir einen mutigen Politiker der immer im Interesse Sachsen-Anhalts handelte und bereit war, neue und einzigartige Wege zu gehen. Insbesondere in den Jahren 1994-1998 lernte ich Reinhard Höppner als einen wahrhaftigen Menschen kennen, der immer Volkes Stimme sprach ohne dem Volk nach dem Munde zu reden."

Der DDR-Bürgerrechtler Friedrich Schorlemmer hob Höppners Sachverstand, Mut und Klarsicht hervor sowie dessen ausgleichende Fähigkeiten. Er habe sich gegen Atomenergie eingesetzt und für saubere Luft und Flüsse. Und: Er habe seiner Hinfälligkeit offen ins Auge gesehen und dennoch Lebensmut gehabt.

Nach dem Gottesdienst wurde Höppner auf dem Magdeburger Westfriedhof beigesetzt. Zahlreiche Menschen haben sich seit Mittwoch in den Kondolenzbüchern in der Staatskanzlei und in der SPD-Landezentrale eingetragen und Anteil am Tod des Politikers genommen. In der Staatskanzlei gibt es die Möglichkeit noch bis Donnerstagfrüh, bei der SPD bis Donnerstagnachmittag. Seit Mittwoch gibt es eine Trauerbeflaggung an allen öffentlichen Gebäuden des Landes. Die Landesregierung wird für Höppner mit zeitlichem Abstand eine Gedenkfeier ausrichten.

Am Abschiedsgottesdienst für den verstorbenen Reinhard Höppner (SPD) im Dom "Sankt Mauritius und Sankt Katharina" in Magdeburg (Sachsen-Anhalt) nehmen u.a. der letzte DDR-Ministerpräsident Lothar de Maizière (CDU, l) Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD, 4.v.r) und Reiner Haseloff (CDU), Ministerpräsident Sachsen-Anhalts (CDU, 2.v.r) teil.
Am Abschiedsgottesdienst für den verstorbenen Reinhard Höppner (SPD) im Dom "Sankt Mauritius und Sankt Katharina" in Magdeburg (Sachsen-Anhalt) nehmen u.a. der letzte DDR-Ministerpräsident Lothar de Maizière (CDU, l) Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD, 4.v.r) und Reiner Haseloff (CDU), Ministerpräsident Sachsen-Anhalts (CDU, 2.v.r) teil.
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