Totschlag in Hettstedt Totschlag in Hettstedt: Ein rätselhaftes Verbrechen
Hettstedt/MZ. - Sie wollte ihr Leben wieder in den Griff bekommen, hatte einer Entgiftungstherapie zugestimmt. Der Antrag dazu war bereits geschrieben. "Dadurch hätte sie vielleicht doch noch die Kurve kriegen können", sagt Eberhard Palfi über Elisabeth M. Seit Jahren war die 54-Jährige, die am Sonntag einem brutalen Verbrechen zum Opfer fiel, alkoholkrank. Durch ein Vormundschaftsgericht wurde ihr das Betreuungsbüro von Palfi aus Gerbstedt zur Seite gestellt. Seine Aufgabe war es, der Hartz-IV-Empfängerin bei Behördengängen unter die Arme zu greifen. Außerdem teilte der 52-Jährige ihr Geld zu, da Elisabeth M. keinen Zugriff auf ihr Konto haben durfte.
Vor knapp einem Jahr starb der Lebensgefährte von M. "Seit dieser Zeit ist es mit der Alkoholsucht noch schlimmer geworden", so Palfi. In Hettstedt war die 54-Jährige keine Unbekannte. Oft war sie nachts in der Stadt unterwegs, sagen Einwohner. In Papierkörben habe sie nach Flaschen gesucht, in denen sich noch Reste mit Alkohol befanden. Manchmal soll sie betrunken Passanten gegenüber laut geworden sein. Laut Palfi hatte M. aber gemerkt, dass es so mit ihrem Leben nicht weitergehen kann.
Für eine Rückkehr in einen normalen Alltag kam dieser Entschluss zu spät. Elisabeth M. starb am frühen Sonntagmorgen an einem Schädelbasisbruch sowie inneren und äußeren Blutungen am Kopf, für die ein 18-Jähriger mit brutalen Schlägen und Tritten verantwortlich sein soll: Erik W. Der junge Mann hatte im Dezember 2007 eine Lehre als Bauschlosser abgeschlossen, lebt noch bei seinen Eltern. Am Samstag feierte er mit Freunden seinen Geburtstag. Polizeibekannt war W., sagt Oberstaatsanwalt Andreas Schieweck. Allerdings durch kleinere Diebstahlsdelikte. "Bisher war da nichts mit Gewalt." Ähnlich beschreibt das der 16-jährige Kevin aus Hettstedt: Er kenne W. aus der Disko, mit Schlägereien oder Ähnlichem sei dieser nie aufgefallen.
Was aber brachte den 18-Jährigen dazu, in der Nacht zum Sonntag erst in einer Pizzeria zu randalieren und dann so brutal auf die Frau einzuschlagen und zu treten? Wann traf er sein Opfer? Sind sich beide das erste Mal auf dem Markt begegnet? Die Staatsanwaltschaft hat darauf noch keine Antwort. Und Erik W. sagt sowohl bei der Polizei als auch beim Haftrichter, er könne sich an die Tat nicht erinnern. Dass der Jugendliche Elisabeth M. schon am Vortag begegnet sein soll, könne er noch nicht bestätigen, so Schieweck. Ebensowenig die Aussage junger Leute, die der MZ berichten, W. habe etwa eine halbe Stunde vor der Tat mit drei weiteren jungen Männern auf dem Markt gestanden. Die Gruppe habe sich aggressiv verhalten und ein Pärchen beschimpft. "Von Frau M. war zu diesem Zeitpunkt allerdings nichts zu sehen", so ein Zeuge zur MZ. Er kann sich nicht vorstellen, dass sich Täter und Opfer kannten. Wahrscheinlich seien sich beide zufällig begegnet. Der Hauptzeuge der Tat, ein Taxifahrer, hat den Angriff erst gesehen, als die 54-Jährige am Boden lag - und nur einen Jugendlichen: Erik W.
Er hatte Blutspuren an den Schuhen, die nun untersucht werden. Ansonsten steht nur das Ergebnis der Atemalkoholkontrolle fest: 1,57 Promille. Mit Resultaten eines Drogentestes rechnet die Staatsanwaltschaft in einigen Tagen. Der 18-Jährige habe erklärt, sich nicht an Drogenkonsum entsinnen zu können. Ein Psychiater soll ihn auf seine Schuldfähigkeit hin untersuchen. Als die Polizei W. festnahm, trug er nur eine Turnhose und hatte eine Tischdecke um sich geschlungen, wirkte verwirrt.
An sein Opfer soll eine gelbe Rose bei einer Andacht erinnern. Die Kirche steht wenige Meter entfernt vom Tatort.