THW-Boot bei Magdeburg gekentert THW-Boot bei Magdeburg gekentert: Frauen möglicherweise wegen Rettungswesten gestorben

Magdeburg/MZ - Der Schock sitzt tief. Die Internetseite des Technischen Hilfswerks (THW) in Magdeburg wird am Sonntag von einer großen schwarzen Fläche und einem Schriftzug dominiert: „In Gedanken bei den Familien, Freunden und Angehörigen unserer Helferinnen“. Zwei junge Frauen, angetreten, um für andere in der Not da zu sein, haben ein Unglück auf der Elbe am Tag zuvor nicht überlebt. Als in Magdeburg die Nachricht durchsickert, dass beide in der Nacht im Krankenhaus gestorben sind, wird an der THW-Bundesschule im niedersächsischen Hoya gerade auf einer jährlichen Feierstunde der bei Einsätzen und Übungen gestorbenen Mitglieder gedacht. „Was für ein schrecklicher Zufall“, sagt ein THW-Sprecher.
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Als das Unglück am Samstag geschah, befanden sich zwei Boote des THW auf einer Ausbildungsfahrt auf der Elbe. Um 7 Uhr hatte die Ausbildung begonnen. Es war 14.40 Uhr, als eines der Boote - sechs Meter lang und zwei Meter breit - in Höhe Petriförder nahe der Anlegestelle der „Weißen Flotte“ plötzlich kenterte. Zwei Männer, 42 und 31 Jahre alt, überlebten. Einer schwamm laut Polizei zunächst selbst Richtung Ufer, der zweite hielt sich am Unglücksboot fest, wurde von Mitstreitern aus dem anderen Boot an Land gebracht.
Unter das Boot gerutscht
Bei den beiden jungen Frauen gelang die Rettung nicht so schnell. „Sie waren zunächst spurlos verschwunden“, sagte Polizeisprecher Andreas von Koß. Rettungskräfte waren nach seinen Angaben schnell einsatzbereit - an der Stelle, zu der das Unglücksboot durch das zweite THW-Boot geschleppt wurde, habe auch die Wasserschutzpolizei ihren Sitz. Dennoch sei gut eine halbe Stunde vergangen, bis Feuerwehrtaucher in dem sechs Grad kalten Elbewasser unter dem Boot auf die beiden Frauen stießen.
Möglicherweise sind ihnen ihre Rettungswesten zum Verhängnis geworden, hieß es. „Definitiv haben alle Rettungswesten getragen“, sagte Dieter Haensch von der Wasserschutzpolizei. Bei Kontakt mit Wasser blasen die sich selbstständig auf. In Magdeburg könnte der dabei entstehende Auftrieb, der das Ertrinken von ohnmächtigen Opfern verhindern soll, die Frauen von unten gegen das Boot gedrückt haben. Kenner halten es mindestens für sehr schwierig, sich in der Situation selbst aus der Weste zu befreien. „Wir müssen abwarten, was uns Experten dazu sagen“, so von Koß.
Frauen wurden zunächst am Ufer reanimiert
Die 23 und 24 Jahre alten Frauen wurden am Ufer zunächst reanimiert und dann in Magdeburger Krankenhäuser gebracht. Dort starben sie in der Nacht. Die Unglücksursache bleibt zunächst unklar. Die beiden geretteten Männer konnten zwar kurz befragt, aber nicht ausführlich vernommen werden. „Sie stehen unter Schock“, so von Koß. THW-Helfer von dem zweiten Boot seien am Samstag vorausgefahren und umgedreht, als sie das Fehlen des anderen Bootes bemerkten. Das hätten sie dann nur noch kieloben vorgefunden.
Auf dem Unglücksboot ist unter anderem ein Wassertank befestigt. Ausbildungen mit Transporten wie diesen Tanks seien auch um diese Jahreszeit weder ungewöhnlich noch zum ersten Mal vorgekommen, hieß es bei der Wasserschutzpolizei. Wie lange die beiden Verunglückten schon beim THW waren, blieb zunächst offen. Üblicherweise muss ein Helfer dort erst eine Grundausbildung samt Prüfung absolvieren, um sich dann in einer Fachausbildung für Aufgaben wie auf dem Wasser zu qualifizieren. Die Frauen sind nach Angaben des THW Mitglieder der Ortsgruppen Magdeburg und Rüsselsheim gewesen. Nach MZ-Informationen hat letztere in Magdeburg studiert und offensichtlich deshalb dort an der Ausbildung teilgenommen.
Betroffenheit auch unter Politikern
Betroffen reagierten gestern unter anderen Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff und Innenminister Holger Stahlknecht (beide CDU). „Meine Anteilnahme gilt den Hinterbliebenen und ich hoffe, dass die verletzten THW-Helfer schnell wieder genesen“, so Haseloff. Besonders tragisch sei, dass der Unfall bei einer Fahrt passierte, die für das THW notwendig sei, um so einsatzfähig zu sein wie beispielsweise bei der Flut dieses Jahres. THW-Bundespräsident Albrecht Broemme fuhr nach Angaben eines Sprechers noch gestern nach Magdeburg, um sich mit Angehörigen und Mitgliedern des THW zu treffen, auch Landesbeauftragter Manfred Metzger hat ihnen laut THW sein Beileid ausgesprochen. Die beiden Familien würden in ihrer Trauerarbeit unterstützt.
Auf das Unglück mit einem Boot, eigens gebaut für Einsätze unter extremen Bedingungen, kann sich auch das THW noch keinen Reim machen. „Wir tappen völlig im Dunkeln“, so Sprecher Richard van Hazebrouck. Es sei ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden, auch um zu klären, ob das Drama vermeidbar war, sagte unterdessen Polizeisprecher von Koß. Mit schnellen Ergebnissen sei jedoch nicht zu rechnen.

