Thüringen Thüringen: Mitten am rechten Rand
Erfurt/Halle/MZ/dpa. - Er hat Ausdauer, er kann einstecken - und darauf ist Peter Krause stolz: Bilder auf seiner privaten Internetseite zeigen den 44-Jährigen auf dem Fahrrad beim Erfurt-Triathlon, beim Box-Schaukampf in Weimar und beim Klettern in den rumänischen Karpaten. Garniert sind die Bilder mit feinen Fakten: Zum Beispiel, dass er mit "summa cum laude", also mit höchstem Lob, seinen Doktortitel in Literatur erwarb. Und dass er in mehr als 13 Vereinen Mitglied oder Vorstand ist.
Intelligent, sportlich, gesellschaftlich engagiert - was kann man gegen einen solchen Mann haben? Krause hat jetzt in die Bredouille gebracht, was auf seiner elektronischen Visitenkarte nicht erwähnt wird: Vier Monate Mitarbeit beim rechtslastigen Blatt "Junge Freiheit". Für den Zeitraum hat Krause nur allgemein "Arbeit als Publizist, Journalist, Lehrbeauftragter, Herausgeber" vermerkt. Als Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) nun sein Kabinett umbildete und ihn als Kultusminister nominierte, schaute sich die Opposition die Leerstelle genauer an - seitdem steht Krause als "Neuer Rechter" bundesweit in der Kritik.
"Es ist fahrlässig, einen Kultusminister zu haben, dessen demokratische Seriosität nicht gesichert ist", sagte Uwe-Karsten Heye, Vorsitzende des Vereins "Gesicht zeigen! Aktion weltoffenes Deutschland", der MZ. Die "Junge Freiheit" sei offensichtlich "die intellektuelle Speerspitze des neuen Rechtsextremismus in Deutschland. Wer dafür blind ist, ist als Kultusminister nicht geeignet und zeigt, dass er in demokratischen Strukturen nicht ernsthaft zu Hause ist." Wenn Althaus Krause dennoch zum Minister mache, sei dies entweder Ignoranz oder die Absicht, den rechten Rand anzusprechen. Ähnlich äußerten sich Bundes-SPD und Grüne, die Althaus aufforderten, auf Krause zu verzichten. Der wäre schließlich als Kultusminister auch Stiftungspräsident der Gedenkstätte Buchenwald und Mittelbau-Dora, wandte Grünen-Chefin Claudia Roth ein. Nach Ansicht der Linkspartei vertritt Krause "eine antiaufklärerische, kulturpessimistische Weltanschauung, die verachtend auf die Mehrheit der Bevölkerung blickt und eine im völkischen Kontext gedachte Elite heranziehen möchte". Der Spitzenkandidat der Linken für die Landtagswahl 2009, Bodo Ramelow, rief die Landtagsabgeordneten auf, Krause bei der Vereidigung den Rücken zuzukehren. "Das ist das Minimum der Respektlosigkeit, die wir ihm im Namen der Buchenwaldopfer entgegenbringen müssen."
Sachsen-Anhalts Kultusminister Jan-Hendrik Olbertz (parteilos) wird mit Krause zusammenarbeiten müssen, falls er tatsächlich Kultusminister wird. "Ein paar klärende Worte würde ich mir schon noch wünschen - auch um an die gute Zusammenarbeit mit Amtsvorgänger Jens Goebel anknüpfen zu können", sagte Olbertz der MZ.
Althaus hält dem Sturm der Empörung noch stand. Er wolle an Krause festhalten, betonte Althaus gestern. Die CDU müsse die Möglichkeit haben, "unterschiedliche Gedanken, die in der Demokratie geäußert werden, zur Mitte hin zu integrieren". Er habe "unstreitig inhaltliche und politische Übereinstimmungen" mit seinem Minister-Kandidaten. Und Krause selbst? Er hatte die "Junge Freiheit" zunächst verteidigt und lobte das "Freiheitsbewusstsein" des Blattes, es sei "anerkanntes Medium in der Presselandschaft". Das sorgte für neue Kritik. Wurde die "Junge Freiheit" doch 2004 vom Verfassungsschutz Baden-Württemberg als "publizistisches Bindeglied zwischen dem rechtskonservativen und dem rechtsextremistischen Spektrum" eingeschätzt.
Nach der neuen Kritik distanzierte sich Krause schließlich von dem Blatt, dessen Linie er "als CDU-Politiker nicht teile". Der Mann ist also nicht nur sportlich und intelligent, sondern auch flexibel. Und das aus Überzeugung, die er in einem Essay über "Rhetorische Kultur" formulierte: "Wir leben in einer rhetorischen Welt. Rhetorik hat nicht mit Wahrheit zu tun, sondern mit Erwartungen."