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Supermarkt-Mörder von Hannover Supermarkt-Mörder von Hannover: Funkzellenabfrage überführte das Phantom

Von Christian schafmeister 15.12.2015, 10:41
Bei dem Überfall in Hannover-Stöcken starb ein junger Mann.
Bei dem Überfall in Hannover-Stöcken starb ein junger Mann. DPA Lizenz

hannover - Die Wende im Fall des Supermarkt-Mörders von Hannover, der auch für fünf Überfälle in Sachsen-Anhalt verantwortlich sein soll, brachte Ende Juni die Auswertung von Telefondaten. Eine Funkzellenabfrage ergab, dass an fünf weit auseinanderliegenden Tatorten die selbe Handy-Nummer benutzt worden war. „Das konnte kein Zufall sein“, betonte Thomas Klinge, Sprecher der Staatsanwaltschaft Hannover. Nur einen Tag später loggte sich dieses Handy bei Cottbus wieder ins Mobilfunknetz ein. Spezialeinsatzkräfte aus fünf Bundesländern setzten sich sofort in Bewegung, wenige Stunden später wurde der Gesuchte am frühen Morgen auf dem Autobahn-Rastplatz „Dresdner Tor Nord“ überwältigt.

Bis heute ein besonderer Fall

Ab Mittwoch muss sich der 42 Jahre alte Mann aus Polen vor dem Landgericht in Hannover verantworten. Für Oberstaatsanwalt Klinge ist es bis heute ein besonderer Fall. „Es dürfte einmalig in Deutschland sein, dass ein Täter solch eine Serie von Verbrechen hinlegt.“ So wird der Mann mit 41 Supermarkt-Überfällen in mehreren Bundesländern in Verbindung gebracht. 24 der Fälle tauchen in der 63 Seiten dicken Anklageschrift auf. Das seien die Taten, bei den die Ermittler zuversichtlich sind, sie dem Angeklagten eindeutig nachweisen zu können. „Entweder haben wir DNA-Spuren des Angeklagten am Tatort gefunden oder Gutachten haben ergeben, dass dort aus der selben Waffe geschossen wurde wie bei früheren Taten.“ Doch auch die Brutalität des Täters sei außergewöhnlich gewesen, betont Klinge. „Er hat bereits bei geringstem Widerstand geschossen.“

Der spektakulärste Überfall ereignet sich am 4. Dezember 2014 in Hannover-Stöcken. Dort bedroht der Täter eine Kassiererin kurz vor Ladenschluss mit einer Waffe und fordert von der 51-Jährigen das Geld aus der Kasse. Als ein 21 Jahre alter Kunde einschreitet, kommt es zum Handgemenge, ein Schuss löst sich und trifft den jungen Mann im Kopf. Er stirbt noch am Tatort, ein weiterer Kunde wird durch einen Schuss schwer verletzt. Der Täter flüchtet ohne die Beute auf einem Fahrrad.

Was zunächst wie ein einzelner spektakulärer Raubmord aussieht, entpuppt sich schnell als Teil einer Reihe von Überfällen, die sich seit Februar 2014 über zahlreiche Bundesländer erstreckt. Nur einen Tag nach dem tödlichen Raubüberfall in Hannover-Stöcken schlägt der Täter in der Region erneut zu.

Der Räuber als Phantom

Monatelang ist der Räuber wie ein Phantom, das nicht greifbar ist. Dabei gibt es viele Parallelen zwischen den Taten. Immer wieder betritt der Mann kurz vor dem Ladenschluss Supermärkte, täuscht einen Einkauf vor, bedroht die Kassierer - und schießt auch mehrfach. Wie beim Überfall auf einen Aldi-Markt in Dessau-Roßlau am 21. Februar 2015. Verletzt wird dort niemand, aber die Analyse der Patronenhülse ergibt, dass aus der selben Waffe wie in Hannover-Stöcken geschossen worden ist.

Im Vorfeld des Prozesses lobt der Oberstaatsanwalt ausdrücklich die Zusammenarbeit mit den Kollegen im Nachbarland. Schon einen Tag nach der Festnahme wird die Wohnung des 42-Jährigen in Polen untersucht, in der er mit Lebensgefährtin und Kind lebt. „Das wäre vor wenigen Jahren illusorisch gewesen.“ Der polnischen Polizei ist der Mann bisher nicht aufgefallen. Für die Überfälle ist er stets nach Deutschland eingereist. Sein Motiv bleibt weiter unklar. „Er hat sich bisher nicht geäußert.“ (mz)