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Suchtkranke Kinder Suchtkranke Kinder: Eltern werden oft allein gelassen

Von Dörthe Hein 28.05.2016, 07:01
Ein Joint mit Marihuana
Ein Joint mit Marihuana dpa

Magdeburg - In Sachsen-Anhalt fehlen spezielle Beratungs- und Hilfsangebote für Eltern suchtkranker Kinder. Um Hilfe für die Kinder und sich selbst zu suchen, könnten sich Mütter und Väter an die Drogen- und Erziehungsberatungsstellen wenden, sagte Helga Meeßen-Hühne, Leiterin der Landesstelle für Suchtfragen in Sachsen-Anhalt. „Die Eltern selbst sind ja nicht krank.“ Dort gebe es aber nur wenige Elterngruppen, in denen ein Erfahrungsaustausch möglich ist. Der Jugendhilfereferent des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Siegfried Hutsch, sagte: „Das Angebot für Eltern muss aber ausgebaut werden.“

In Magdeburg und Halle seien die Strukturen gut. Im ländlichen Raum aber sei es schwieriger, Menschen mit ähnlichen Problemen und Ansprechpartner zu finden. Sinnvoll sei es, wenn sich Eltern zusammentun. Die Krankenkassen stellten inzwischen mehr Geld zur Verfügung, etwa für Fahrtkosten. Die Drogenberatung sei für die Eltern wichtig, um zu klären, wie tief das Kind in der Sucht steckt. „Die Profession des Drogenberaters allein sorgt aber noch nicht dafür, dass sich die Eltern angenommen fühlen“, sagte Hutsch. Sie seien nicht die unmittelbar betroffenen.

"Es gibt ganz viel Scham"

Jana Valentin, Sozialpädagogin und Fachkraft für Suchtprävention bei der Jugend- und Drogenberatungsstelle Drobs in Magdeburg berichtete, dass sich Eltern oft zurückziehen. „Es gibt ganz viel Scham, die Eltern wollen kein Gesicht zeigen.“ Es sei schwierig, Eltern für eine Gruppe zusammenzubekommen. Es sei sehr viel Angst im Spiel. Das gehe manchmal so weit, dass Eltern ihrem Kind Drogen besorgen, damit es nicht in die Beschaffungskriminalität rutscht.

Helga Meeßen-Hühne betonte, es sei wichtig, dass Eltern Hilfe suchen. „Das ist ein erster Schritt.“ Bei der Beratung gehe es auch darum, die Erziehung und das Verhalten mit Blick auf das Suchtmittel anzuschauen. Oft stelle sich heraus, dass den Kindern nicht ausreichend Grenzen gesetzt worden seien, es keine gemeinsamen regelmäßigen Mahlzeiten gebe und auch sonst wenig Regeln. Oft würden die Eltern an Erziehungsberatungsstellen weiterverwiesen.

Eine Statistik von 16 Drogenberatungsstellen zeigt laut Meeßen-Hühne, dass Eltern - verglichen mit anderen Bezugspersonen - besonders oft Kontakt zu den Beratungsstellen suchen. Demnach waren 45,6 Prozent der ratsuchenden Angehörigen im Jahr 2014 Eltern. Der Anteil der Partner lag bei gut 30 Prozent, der der Kinder bei 10,4 Prozent. Eine gesonderte Statistik nach dem Alter der Betroffenen gibt es aber nicht. Insgesamt wandten sich den Angaben zufolge 1145 Bezugspersonen an die Drogenberatungsstellen, neben mehr als 10.000 unmittelbar selbst Betroffenen.

Meeßen-Hühne und Hutsch sehen den Austausch unter betroffenen Eltern als besonders wichtig an. Dort könnten sich die Eltern ihr Leid klagen, Erfahrungen austauschen und gegenseitig Tipps geben. Beispielsweise in Wernigerode gebe es eine sehr aktive Elternarbeit, sagte Meeßen-Hühne. Allerdings findet sich in einer Auflistung der Beratungsstellen und ihrer Angebote nur für sieben ein Elternkreis oder eine Gruppe für Eltern. Hutsch sagte, es gehe darum, dass Mütter und Väter erkennen, dass sie keine „schlechten“ Eltern seien. (dpa)