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Streaming-Portale Streaming-Portale: Läuft bei Dir

Von Steffen Könau 19.07.2015, 13:24
Titus Welliver (l.) ist der Star der Amazon-Serie „Bosch“.
Titus Welliver (l.) ist der Star der Amazon-Serie „Bosch“. Amazon Lizenz

Der Lack ist ab, die Revolution vertagt. Zumindest öffentlich ist ein knappes Jahr nach dem Verkaufsstart von Amazons Fire TV-Streamingbox noch alles beim alten im deutschen Fernsehen: Die „Tagesschau“ ist Quotenkönig, der „Tatort“ versammelt Generationen vor dem Bildschirm und die großen Talkshows sorgen für Gesprächsstoff.

Wunschprogramm ohne Zeitplan

Doch es ist eine Scheinwirklichkeit, die sich da präsentiert. Tatsächlich haben neue Internet-Fernsehdienste wie Amazons Fire-TV und Fire-Stick, der Chromecast von Google oder die Settop-Boxen von Netflix, Maxdome, Watchever und der Sky-Tochter Snap die Fernsehgewohnheiten in Deutschland in den letzten Monaten gründlicher verändert als die Abschaffung der Sendepause Ende der 80er. Fernsehen, bislang ein lineares Angebot, wandelt sich mit den Streaming-Anbietern zum Wunschprogramm ohne festen Zeitplan.

Alles läuft nicht mehr, wann der Programmrat eines Senders es beschlossen hat. Sondern wenn der Kunde es sehen möchte. Vorausgesetzt natürlich, der besitzt ein Abo des Anbieters, der eine bestimmte Serie, einen bestimmten Kinohit oder das gewünschte Sportevent in seiner Bibliothek hat. Während die führenden Portale hierzulande sich technisch für den Normalkonsumenten nicht viel nehmen - alle bieten HD-Auflösung an, einige sogar 4K - unterscheiden sich Größe und Qualität der angebotenen Archive durchaus beträchtlich.

Eigenproduktionen machen den Unterschied

Wobei kaum ein Anbieter wirklich viel aktuelle Kinohitware auf seinen Servern lagert. Die 1 100 (Sky Snap) bis 60 000 (Maxdome) Filme, aus denen der Kunde aussuchen darf, umfassen meist gut abgelagerte Klassiker oder aktuelle B-Ware, gekrönt von einigen wirklichen Blockbustern. Bei den Serien, für Fans meist das Hauptargument, ein Streamingangebot zu nutzen, sieht es ähnlich aus: Keiner hat alles, aber alle haben etwas. Wobei der US-Riese Netflix und Amazon Prime derzeit schon allein aufgrund ihrer Mutterhäuser jenseits des Atlantiks die Nase vorn haben.

Der Marktführer Netflix hat mit der Serie „House of Cards“ mit Kevin Spacey vorgemacht, wie sich mit exklusiven Eigenproduktionen Publikum gewinnen lässt. Amazons Prime-Videodienst zieht nun nach, zum Beispiel mit der Science-Fiction-Verfilmung „The Man in the High Castle“, deren Pilot-Folge bisher nur auf Englisch zu sehen ist, und der Serie „Bosch“, die sich an Michael Connellys weltweit erfolgreiche Thriller um den Mordermittler Harry Bosch anlehnt.

Die beiden Marktführer - Netflix in den USA, Amazon in Deutschland - investieren inzwischen mehrere hundert Millionen Euro jährlich in Eigenproduktionen. Dank weltweiter Vermarktung sitzt der Dollar so locker, dass allein für „House of Cards“ 100 Millionen ausgegeben wurden. Zum Vergleich: Eine knapp einstündige Folge kostete damit etwa zwei Millionen Euro, ein deutscher „Tatort“ muss dagegen mit 1,5 Millionen auskommen

Bei den Preisen sieht es ganz ähnlich aus. Große Unterschiede machen die fünf Konkurrenten nicht: Watchever liegt mit 8,99 Euro im Monat vorn, Netflix und Maxdome folgen mit 7,99 und Snap und Amazon mit vier Euro. Wobei bei Amazon die kostenlose Zustellung aller im Online-Kaufhaus gekauften Artikel enthalten ist.

Unkomplizierte Bedienung

Positiv fällt bei allen Anbietern auf, dass es sich um ausgereifte technische Lösungen handelt, die ohne Spezial- oder Computerkenntnisse einzurichten sind. Waren frühere Angebote wie die Streaming-Box Boxee noch darauf ausgelegt, ihren Nutzern größtmögliche Handlungsfreiheit zu gewähren, verzichten die großen Fünf darauf mittlerweile fast vollständig. Wie bei Apples TV-Angebot geht es hier um in sich weitgehend geschlossene Systeme, die auf geschlossene Bibliotheken zugreifen - und nicht mehr. Wer Maxdome anschafft, dem bleibt die Amazon-Prime-Videothek verschlossen, wer ein Netflix-Abo wählt, kommt an Filme bei Watchever nicht heran. Immerhin gestatten einige Anbieter geräteübergreifende Nutzung. Dank Smart TV oder Streaming-Stick braucht es keine Batterie von Boxen mehr, um mehrere Anbieter zur Verfügung zu haben. Auch der Fire TV von Amazon ist kein völlig in sich abgeschlossener Kasten, sondern in der Lage, über eine - kleine - Anzahl von Apps auch andere externe Angebote zu zeigen.

Welchen Anbieter also wählen? Wofür sich entscheiden? Nun, zum Start ins Streaming-Leben reicht im Grunde der Chromecast-Stick von Google, der über den HDMI-Eingang einfach in den Fernseher gesteckt wird. Dann Youtube angewählt und kurz nach „Spielfilm full german“ gesucht. Nein, nicht alle 58 000 Treffer sind wirklich komplette Spielfilme. Aber die meisten. (mz)