SPD nur widerwillig Richtung GroKo SPD nur widerwillig Richtung GroKo : Wie sieht Sachsen-Anhalt das Ergebnis?

Bonn/Magdeburg - Der Regierungsbildungs-Krimi geht weiter: Mit einem knappen Ergebnis hat ein SPD-Sonderparteitag der Aufnahme von Koalitionsgesprächen mit CDU und CSU zur Bildung einer Großen Koalition zugestimmt. 362 von 642 Delegierten sprachen sich dafür aus, weiter mit der Union zu verhandeln, das entspricht einem Anteil
von 56,4 Prozent. 279 Delegierte stimmten dagegen, es gab eine Enthaltung. Dass es erneut eine Große Koalition geben wird – es wäre die dritte unter der Führung von Kanzlerin Angela Merkel – ist damit nicht gesagt: Dies ist erst möglich, wenn die Basis der Partei, die SPD-Mitglieder, einem Koalitionsvertrag zugestimmt hat. Merkel begrüßte das Parteitags-Votum und sagte, es gebe nun noch „eine Menge Arbeit“.
Dafür stellte die Parteiführung neue Bedingungen auf: die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverträgen, eine Härtefallregelung beim Familiennachzug von Flüchtlingen und die Anpassung der Ärztehonororare für die Behandlung von gesetzlich und privat Krankenversicherten. Läuft alles nach Plan, könnte die Regierung nach Einschätzung der Verhandlungspartner etwa zu Ostern stehen, also Ende März bis Anfang April.
In der hochemotionalen, sehr angespannten fünfstündigen Parteitags-Debatte wurde eine Bruchlinie deutlich: Während vor allem höhere Funktionsträger für eine Große Koalition warben und die Erfolge der Sondierungsgespräche hervorhoben, plädierten Vertreter der Jusos und andere Delegierte dagegen. Beide Seiten nahmen für sich in Anspruch, den mutigeren Weg zu vertreten und warfen sich gegenseitig vor, die Partei verzwergen zu wollen.
SPD-Chef Martin Schulz, der nach der Bundestagswahl und auch noch nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierungen von Union, Grünen und FDP, den Wiedereintritt in eine Regierung mit der Union vehement abgelehnt hatte, warb für Verhandlungen und machte dies zu einer Art Vertrauensfrage. Ein Scheitern der Abstimmung hätte wohl seinen Rücktritt bedeutet. Schulz sprach von einem „Schlüsselmoment in der Geschichte der SPD“.
GroKo-Sondierungen: Reaktionen in Sachsen-Anhalt
Sachsen-Anhalts SPD-Landeschef Burkhard Lischka sagte der MZ: „Es ist gut, wenn jetzt weiter verhandelt wird. Beim Fußball verlässt man auch nicht vor der 90 Minute das Spielfeld. Vor allem dann nicht, wenn man in der 1. Halbzeit, nämlich den Sondierungen, vieles erreichen konnte.“ Katja Pähle, Fraktionschefin im Landtag, ergänzte: „Wir wissen, dass wir noch viel zu tun haben“. Neben dem Einstieg in die Bürgerversicherung müssten in Koalitionsgesprächen auch das Ende der sachgrundlosen Befristung und der Familiennachzug für Flüchtlinge zum Thema werden. Pähle lobte die kontroverse Diskussion in der SPD. „Wir haben gesehen, dass die Demokratie solche Debatten aushält.“
Mit Genugtuung nahm Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) das Votum der Sozialdemokraten auf. „Der Beschluss des Parteitages ist ein wichtiger Schritt hin zur Bildung einer stabilen Regierung in Deutschland“, sagte er der MZ. Dies sei gerade für Ostdeutschland wichtig, um eine weitere positive Entwicklung voranzutreiben. „Deshalb muss jetzt weiter konsequent von allen drei Parteien die staatspolitische Verantwortung wahrgenommen werden“, so Haseloff. (mz)
