Solarindustrie droht weitere große Pleite
Bitterfeld-Wolfen/MZ. - Neuer Tiefschlag für die deutsche Solarbranche: Nach Solon, Q-Cells und First Solar steckt auch der Solarmodul-Hersteller Sovello aus Thalheim in großen Schwierigkeiten, es droht möglicherweise die Insolvenz. Nach MZ-Informationen hat das Unternehmen mit 1 200 Mitarbeitern wegen stockender Verkäufe und eines massiven Preisverfalls Liquiditätsprobleme in Millionenhöhe. Sovello erwägt nach MZ-Informationen eine sogenannte Insolvenz in Eigenverantwortung, die die Fortführung des Unternehmens in den Vordergrund stellt.
Sovello-Sprecher Robert Reinsch wollte eine bevorstehende Insolvenzanmeldung gestern auf MZ-Anfrage nicht bestätigen. "Spekulationen dieser Art kommentieren wir nicht." Reinsch sagte, dass das Unternehmen wegen der schwierigen Marktlage die Produktion auf ein Drittel der Kapazität gedrosselt habe. "Wir prüfen derzeit auch die Einführung von Kurzarbeit."
Sovello, das dem Finanzinvestor Ventizz gehört, hat sich in der Solarkrise bisher beachtlich geschlagen. Während viele spezialisierte Hersteller entweder das Vorprodukt Wafer (dünne Scheiben aus kristallinem Silizium), Solarzellen oder das Endprodukt Solarmodule produzieren, stellt Sovello alle drei Produkte unter einem Dach her. Derzeit werden noch einmal 35 Millionen Euro in neue Hochtechnologieöfen investiert. Laut Geschäftsbericht erzielte Sovello 2010 einen Umsatz von 207,9 Millionen Euro. 2010 und 2011 schrieb die Firma nach eigenen Angaben Verluste. Mit den neuen Investitionen wollte Sovello-Chef Reiner Beutel den Hersteller wettbewerbsfähig machen. "Wir bieten den Chinesen Paroli", sagte er noch Anfang 2012.
Derzeit steckt die Solarindustrie weltweit in der Krise. Einerseits kappen viele Länder die Förderungen für Solarstrom, andererseits bauen gerade chinesische Firmen massiv Produktionsstätten auf. Dies führt zu Überkapazitäten und Preisverfall. Allein 2011 sanken die Preise für Solarmodule um rund 50 Prozent. Die Solarindustrie im Solar Valley in Bitterfeld-Wolfen mit insgesamt 3 000 Beschäftigten ist dadurch arg gebeutelt. Anfang April meldete der größte Hersteller Q-Cells mit 1 700 Mitarbeitern vor Ort Insolvenz an. Verwalter Henning Schorisch sucht nun nach Wegen, das Unternehmen und möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten.
Nach massivem Druck von Sachsen-Anhalt und Thüringen liegen daher auch die umstrittenen Kürzungspläne des Bundes bei der Solarförderung vorerst auf Eis. Der Bundesrat lehnte gestern die Pläne ab, die Einspeisevergütung zusätzlich um bis zu 30 Prozent zu senken. Ein Vermittlungsausschuss muss jetzt neue Wege finden. "Dies ist ein Signal an den Markt, dass wir Lösungen finden, die den deutschen Anbietern weiter Absatz sichern", sagte Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) der MZ. So sollen die Kürzungen bei größeren Anlagen weniger drastisch als geplant ausfallen.