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"Schwiegermutter-Gift" tötet Krähen

Von Regine Lotzmann 16.02.2012, 18:57

hoym/MZ. - Gleich reihenweise waren im vergangenen November in Hoym (Salzlandkreis) Saatkrähen tot von ihren Schlafbäumen gefallen. Der mysteriöse Vogeltod, der schon damals für großes Aufsehen sorgte (die MZ berichtete), wird jetzt eine Sache für die Staatsanwaltschaft.

Denn dem Landkreis, der zunächst nur ein akutes Herz-Kreislauf-Versagen und Parasitenbefall feststellen konnte, liegen neue Untersuchungsergebnisse vor. "Der Verdacht auf Vergiftung hat sich bei den Krähen erhärtet", sagte Sprecherin Ingrid Schildhauer und berichtet von Parathion, auch als E 605 oder "Schwiegermutter-Gift" bekannt. Das Brisante daran: Dieses Gift, das früher häufig für Morde oder Selbstmorde missbraucht wurde, ist schon seit zehn Jahren verboten. Tierschützer gehen deshalb von einem strafbaren Vorsatz aus. Der Kreis will den Fall an die Staatsanwaltschaft übergeben.

"Die in den Muskelmägen vorgefundenen rot gefärbten Körner und der gleichzeitige Nachweis zweier Fungizide, die in Saatgutbeizen enthalten sind, legen nahe, dass zur Saat bestimmtes Getreide als Giftköder präpariert wurde", sagt Schildhauer. Dieser Ausgangsverdacht, der sich aus den toxikologischen Untersuchungen des Landesamtes für Verbraucherschutz und der Universitätsmedizin in Göttingen (Niedersachsen) ergeben habe, solle nun strafrechtlich verfolgt werden.

Beim Naturschutzbund Sachsen-Anhalt (Nabu) sorgen die neuen Erkenntnisse für Entsetzen. "Da steckt große kriminelle Energie dahinter", betont Geschäftsführerin Annette Leipelt. Sie geht angesichts des verbotenen Mittels von Vorsatz aus. "Wenn so viele Vögel verendet sind, muss das ja in großem Stil ausgebracht worden sein", sagt sie mit Hinweis auf die 53 toten Krähen. Dass das Mittel zur Mäusebekämpfung benutzt wurde, wie in Hoym hinter vorgehaltener Hand getuschelt wird, glaubt Annette Leipelt nicht. "Eine sachgerechte Mäusebekämpfung kann nie diese Folgen haben", sagt die Nabu-Geschäftsführerin und weist darauf hin, dass solche Mittel laut Vorschrift andere Tiere nie gefährden dürfen. Mit Blick auf eine Aufklärung der Tat ist der Nabu indes skeptisch. Es werde nach so vielen Wochen schwierig, den Verursacher zu finden, glaubt Annette Leipelt, die sich an keinen vergleichbaren Fall im Land erinnern kann.

"Solche Fälle werden in Sachsen-Anhalt nicht zentral dokumentiert, denn für den Naturschutz ist eigentlich jeder Landkreis selbst zuständig", erklärt Stefan Fischer von der Vogelschutzwarte in Steckby. Doch der Hoymer Fall sei für ihn Anlass, künftig einen solchen Überblick zu erstellen.