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Schweres Zugunglück Schweres Zugunglück: Ein Knall in der Nacht

Von Thomas Struk 30.01.2011, 08:59
Ungebremst prallen der mit rund 50 Passagieren besetzter Regionalzugund der Güterzug in Sachsen-Anhalt frontal zusammen. Zehn Menschensterben, 40 weitere werden schwer verletzt. (FOTO: JENS SCHLÜTER/DAPD)
Ungebremst prallen der mit rund 50 Passagieren besetzter Regionalzugund der Güterzug in Sachsen-Anhalt frontal zusammen. Zehn Menschensterben, 40 weitere werden schwer verletzt. (FOTO: JENS SCHLÜTER/DAPD) dapd

Hordorf/dpa. - Die Wucht des Aufpralls ist unbeschreiblich: Nochin kilometerweiter Entfernung hören die Menschen in der Nacht zumSonntag einen unheimlichen Knall, als gegen 22.30 Uhr ein Güterzugund eine Regionalbahn in Hordorf bei Oschersleben auf eingleisigerStrecke ungebremst zusammenstoßen. Mit katastrophalen Folgen:Mindestens zehn Menschen sterben, 23 werden verletzt, einigelebensbedrohlich. Bei einigen ist am Sonntagnachmittag noch nichtklar, ob sie überhaupt durchkommen. Viele junge Passagiere, so wirdin Hordorf spekuliert, hatten einen Disco-Besuch in Halberstadtgeplant.

Den Helfern bietet sich ein Bild des Grauens: Der Güterzug hat denHarz-Elbe-Express komplett von der Schiene gefegt. Die zertrümmerteRegionalbahn liegt auf schneebedecktem Feld, der Güterzug stehtdagegen wie unbeschadet auf dem Gleis.

Es ist bitterkalt und neblig, als die ersten Retter am Unglücksorteintreffen. Aus der gesamten Region Magdeburg kommen alle verfügbarenRettungskräfte zum Einsatz. Fieberhaft kämpfen sie sich durch dieZugtrümmer, um Verletzte zu retten und die Toten zu bergen. Das Feldneben dem Gleis ist mit grellem Scheinwerferlicht ausgeleuchtet. Dochder Nebel ist so dicht, dass keine Rettungshubschrauber fliegenkönnen. So müssen die Verletzten mit Krankenwagen in dieKrankenhäuser gebracht werden.

Bis 02.00 Uhr haben die Einsatzkräfte acht Leichen geborgen, sieliegen mit Folien bedeckt neben dem Zugwrack. Um den Überblick nichtzu verlieren, haben die Sanitäter Nummern aus Pappe auf die leblosenKörper gestellt. Zwei weitere Leichen müssen noch geborgen werden.Doch nicht nur wegen der großen psychischen Belastung müssen dieBergungskräfte an die Grenzen des Menschenmöglichen gehen: DieLeichen liegen inmitten der Wrackteile. Ob es noch weitere Opfergibt, soll mit Hilfe von Spürhunden geklärt werden, die auf demUnglücksgelände im Einsatz sind. Doch - wenn es denn eine guteNachricht in dieser Nacht gibt - die Hunde schlagen nicht wieder an.

Es ist ein schwacher Trost, doch der Einsatz von Polizei undRettungskräften ist laut Einsatzstab gut gelaufen. «Das hat ausmeiner Sicht hervorragend geklappt», sagt der sichtlich bewegteInnen-Staatssekretär Rüdiger Erben, als er den Ort der Katastropheinmitten der Nacht verlässt.

Viele Helfer des Deutschen Roten Kreuzes und des TechnischenHilfswerks stehen zu diesem Zeitpunkt noch erschüttert an dem Gleis,können aber nichts mehr tun. Sie blicken ratlos auf die Leichen, denzerstörten Harz-Elbe-Express und den Güterzug, der mit unfassbarerWucht seinen Platz auf dem Bahngleis behauptet hat. «Das geht mirunter die Haut», bringt Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) dieGefühlslage der Rettungskräfte auf den Punkt, als er am Sonntagmorgenam Unglücksort eintrifft. Danach besucht der frühere Krankenhaus-Chefarzt Verletzte in den Kliniken, spendet Trost und dankt denÄrzten für ihren Einsatz.