Schwerbehindert? Von wegen!: Schwerbehindert? Von wegen!: Eine Plastikhülle soll zum Nachdenken bewegen

Magdeburg - Viele Menschen mit einer Einschränkung fühlen sich mit großen Aufschrift „Schwerbehindertenausweis“ auf ihrem Dokument nicht wohl. Sachsen-Anhalts Sozialministerium bietet jetzt einen Ausweg: eine Plastikhülle, die das ungeliebte Wort ersetzt.

Wer den Ausweis hineinschiebt, hat plötzlich einen „Schwer-in-Ordnung-Ausweis“. An diesem Donnerstag übergibt Sozial-Staatssekretärin Beate Bröcker (SPD) in Oschersleben (Börde) die ersten Exemplare.

Die Idee für die Umgestaltung des amtlichen Dokuments hatte eine 14-Jährige aus Pinneberg (Schleswig-Holstein). Mit einer Lehrerin bastelte sie im vergangenen Jahr das erste Exemplar. Ein Foto davon wurde per Twitter tausendfach verbreitet, Medien berichteten. Hamburg und andere Länder ließen daraufhin Ausweishüllen produzieren, Sachsen-Anhalt zieht nun nach. „Die Bezeichnung ‚Schwer-in-Ordnung-Ausweis‘ ist sehr schön, weil sie nicht die Defizite in den Vordergrund stellt, sondern die Kompetenzen“, sagt Bröcker.

Eine Bewohnerin und ein Bewohner der Diakonie-Einrichtung Matthias-Claudius-Haus bekommen die ersten druckfrischen Hüllen übergeben. 145 Menschen leben dort, die meisten sind geistig behindert. Rund 300 Menschen arbeiten in den Werkstätten. „Viele davon empfinden das Wort ‚schwerbehindert’ als Stigmatisierung“, sagt Doreen Schnee, kaufmännische Leiterin der Einrichtung. „Mit dem neuen Aufdruck dreht man das um und verblüfft. Man zeigt: Ich bin, wie ich bin und ich bin schwer in Ordnung.“

Der Begriff Schwerbehindertenausweis ist durch Bundesgesetze vorgegeben. Die FDP hat im Bundestag beantragt, den Ausweis in „Teilhabeausweis“ umzubenennen. Die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD lehnten das in der vergangenen Woche im Sozialausschuss als verfrüht ab. Nötig sei ein breiter Diskussionsprozess, hieß es.

Betroffene können sich die Klarsicht-Einsteckhülle für den Schwerbehinderten-Ausweis ab sofort kostenfrei zusenden lassen, indem sie diese anfordern beim Landesverwaltungsamt, Referat 511, Maxim-Gorki-Straße 7, 06114 Halle / Telefon: (0345) 514-0, Telefax: (0345) 514-3165.

(mz)