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Schwarzenberg Schwarzenberg: Stilles Gedenken an totes Baby

Von Michael Klug 21.01.2011, 18:16
Rund 200 Menschen gedenken in Schwarzenberg mit Blumen, Kerzen und Kuscheltieren dem toten Säugling. (Foto: ZB-FUNKREGIO)
Rund 200 Menschen gedenken in Schwarzenberg mit Blumen, Kerzen und Kuscheltieren dem toten Säugling. (Foto: ZB-FUNKREGIO) dpa-Zentralbild

Schwarzenberg/dapd. - UnzähligeBlumen und Kerzen werden am Fundort des Leichnams inmitten einesPlattenbauviertels niedergelegt, ein Kondolenzbuch geht durch dieschweigenden Reihen. In einem Gedicht, dass eine der Trauernden imAnschluss an eine Schweigeminute vorliest, ist vom «kleinenSonnenschein» die Rede, dessen Tod «uns allen die Tränen über dieWangen rollt lässt». In Schwarzenberg sind die Menschen ganzoffensichtlich tief betroffen vom Tod des Neugeborenen, derunmittelbar nach seiner Geburt erstickt und später in einenAltkleidercontainer im Stadtteil Sonnenleithe geworfen wurde. Trostangesichts der unbegreiflichen Tat finden viele in der Anteilnahme,die sie nun auch von außerhalb erfahren. «In unserem Forum habensich schon 2.000 Menschen aus der ganzen Bundesrepublik gemeldet.Das Mitfühlen der Menschen hilft uns ungemein», sagt DianaLichtenthal aus Schwarzenberg, die nach dem Bekanntwerden des Fundesim Internet eine Plattform für Trauerbekundungen gegründet hat.

Zugleich herrscht bei vielen der Trauernden Unverständnisangesichts der grausamen Tat. «Hier ist ein Ärztehaus gleich um dieEcke, und in Aue gibt es sogar eine Babyklappe. Es gibt so vieleMöglichkeiten, dass man ein ungewolltes Kind nicht umbringen muss»,sagt etwa Carry Ast, die seit 20 Jahren in Sonnenleithe lebt. Einigsind sich alle Anwesenden, dass die Mutter des Jungen in demPlattenbaugebiet am Rand von Schwarzenberg wohnt. «Die Stelle beidem Container ist nachts völlig einsam und unbeobachtet. Man mussschon hier wohnen, um so eine perfekte Stelle zu kennen», mutmaßtAst.

Zwtl.: «Gerade in Sonnenleithe wurde viel gemacht»

Heidrun Hiemer (CDU), Bürgermeisterin von Schwarzenberg, zeigtsich erleichtert angesichts der großen Anteilnahme derSchwarzenberger. «Das bürgerliche Engagement zeigt, dass die Leutebei so einer Tragödie nicht einfach wegschauen», sagt die58-Jährige. Zugleich wehrt sie sich gegen das Klischee vom sozialenBrennpunkt Plattenbau, wo Trostlosigkeit und Resignation zuderartigen Taten führen. «Gerade in Sonnenleithe wurde in denletzten Jahren viel gemacht. Es gibt moderne Schulen, derzeit bauenwir sogar ein Schwimmhalle», sagte Hiemar. Deshalb hofft sie wohlauch, dass die Kindstötung gar nicht in dem Viertel stattgefundenhat. «Vielleicht ergeben die Ermittlungen ja, dass das Baby hier nurabgelegt worden ist», so Hiemer.

Zwtl.: Medienbericht: Säugling war schon länger tot

Unterdessen gibt es noch immer keine Hinweise auf die Mutter desKindes. Wie die Staatsanwaltschaft Zwickau am Freitag mitteilte,liefen die Ermittlungen auf Hochtouren, bislang allerdings ohnegreifbare Ergebnisse. So sei unter den Hinweisen aus der Bevölkerungbisher «nichts Substanzielles» gewesen, sagte Oberstaatsanwalt BerndVogel. Derzeit konzentrierten sich die Ermittlungen auf dieSpurenauswertung sowie die DNA-Bestimmung des Kindes, so Vogel.Einen Bericht der «Bild»-Zeitung, wonach der Leichnam bereits Spurenvon Fäulnis aufgewiesen haben soll und die Ermittler deshalb voneiner bereits länger zurückliegenden Tötung des Säuglings ausgingen,wollte Vogel nicht bestätigen. Die Polizei, auf die sich der Berichtbezieht, wollte den Bericht indes nicht dementieren. Vermutlichgehen die Ermittler auch davon aus, dass die Mutter des Säuglings inSonnenleithe wohnt. Unzählige Polizisten und Zivilbeamtepatroullierten während der Trauerfeier in dem Wohngebiet.

Die Leiche des neugeborenen Jungen war am Mittwochmorgen voneinem Mitarbeiter einer Recyclingfirma in einem Altkleidercontainerin dem Plattenbauviertel Sonnenleithe gefunden worden. Der Leichnamwar in Plastiktüten eingewickelt. Auch Teile der Nabelschnurbefanden sich darin. Erst vor drei Jahren war wenige Kilometer vomjetzigen Fundort in Schwarzenberg eine Babyleiche auf ähnliche Weiseentsorgt worden.