Schulpforta Schulpforta: Landesgymnasium als Filmkulisse

Schulpforte/dpa. - Marie ist blind und wächst behütet hinter dicken Mauern des Internats auf. Sie liebt es, gemeinsam mit ihrer besten, ebenfalls blinden Freundin, Inga, zu musizieren. Doch mit ihrer Behinderung sind sie für die Schülerband des Ortes, die einen Fernsehwettbewerb gewinnen will, nicht medientauglich. Enttäuscht zieht sich Marie in die heile Welt des Internats zurück. Dort fühlt sie sich sicher. Doch dann lernt Marie den jungen Herbert, einen Russlanddeutschen kennen. Herbert versucht wieder nach Kasachstan zurückzukehren, hat aber kein Geld. Bis die Mädchen wissen, wie sie ihrem neuen Freund helfen können, verstecken sie ihn im Internat. Bis zu diesem Punkt ist "Blindgänger" ein typischer Kinderfilm vom Typ "Boy meets Girl".
Noch bis März dient das ehrwürdige Kloster Schulpforta im Burgenlandkreis der Koproduktion des Zweiten Deutschen Fernsehens und der Kinderfilm GmbH als Internatskulisse. "Die Region hat eine wunderbare Landschaft und ist nicht so abgegrast wie Hamburg oder Berlin", sagt Autor und Regisseur Bernd Sahling. Es ist der erste Spielfilm des gebürtigen Naumburgers. Zuvor hat Sahling vor allem Dokumentarfilme gedreht. Doch schon in seiner Dokumentation "Ein Lied für Anne" hatte er 16 Jahre lang ein blindes Mädchen begleitet. "Das Projekt ist so nah an der Realität und die Geschichte hat so viel tragende Substanz, deshalb unterstütze ich diesen Kinderfilm", sagt der erwachsene Hauptdarsteller des Films, Dominik Horwitz.
Horwitz ist Herr Karl, der fürsorgliche Internatsbetreuer der blinden Mädchen. Marie und Inga wollen mit Herbert Straßenmusik machen, um das Geld für seine Reise zusammenzubekommen. Doch Herberts ehemalige Clique stiehlt dem Trio die Einnahmen. Das Unglück bringt Herbert und Marie einander näher. Mit dem Mut der Verzweiflung gründen sie und ein weiterer Freund aus dem Internat schließlich die vierköpfige Band "Blindgänger". Mit einem eigenen Musikvideo wollen sie an dem TV-Wettbewerb teilnehmen. Doch der Kommissar, gespielt von Dieter Mann, kommt Herberts krimineller Vergangenheit auf die Spur und übergibt ihn seinem Vater. In ihrer aussichtslosen Situation versucht Herr Karl den Mädchen zu helfen.
Die beiden Hauptdarstellerinnen Ricarda Ramünke (Marie) und Maria Rother (Inga) sind selbst sehbehindert. "Ein gesundes Kind wäre zu sehr beschäftigt, blind zu spielen, dass es kaum mehr schauspielern könnte", erläutert Sahling die Entscheidung für seine Kinderdarsteller. "Sie sind nicht ganz blind, das erleichtert das Drehen. Aber sie können sich gut in die Rolle hineinversetzen." Im Film und in der Pause sorgt Dominik Horwitz für die gute Stimmung am Set. "Das Drehen mit ihm ist einfach nur lustig. Er hat immer wieder eine Überraschung auf Lager, um uns zu erschrecken", schwärmen die die Mädchen. Für die zwölfjährige Ricarda ist es der erste Film, Maria steht mit ihren 15 Jahren schon zum zweiten Mal vor der Kamera.
Nach dem "Fliegenden Klassenzimmer", das im Januar in den Kinos startete, ist "Blindgänger" der zweite deutsche Kinderfilm in kürzester Zeit, der in der bekannten Landesschule Schulpforta gedreht wird. Schon Goethes Enkel und Friedrich Nietzsche lernten dort. Heute ist die fast fünfhundert Jahre alte Schule Gymnasium und Internat für 400 hoch begabte Schüler aus ganz Deutschland. Neben Schulpforta war auch Weimar Drehort für den Spielfilm.
Mit zwei Millionen Euro ist der 90-minütige Streifen auch eine finanziell aufwendige Produktion. "Das Werk wird ein Film mit Bestand. Der wird in fünf Jahren genauso zu sehen sein, wie in zehn Jahren", glaubt Produzentin Ingelore König. Bis September wird der Film noch untersprochen. "Per Audiodeskription wollen wir auch Blinden das Erleben des Films ermöglichen", sagt König. Der genaue Kinostart steht noch nicht fest. Für Bernd Sahling ist aber schon jetzt klar: ""Blindgänger" ist ein Kinderfilm von Typ - Boy meets Girl, aber mit dem gewissen Etwas."