Schnellfahrstrecke Halle-Erfurt Schnellfahrstrecke Halle-Erfurt: Krisentreffen soll ICE retten

Halle (Saale) - Der Bund und die Deutsche Bahn AG versuchen mit aller Macht, den Eröffnungstermin für die ICE-Schnellfahrstrecke Erfurt-Halle/Leipzig im Dezember dieses Jahres zu halten. Bei einem Krisentreffen im Bundesverkehrsministerium in Berlin will die Bahn heute Vorschläge unterbreiten, wie die bislang wegen technischer Probleme fehlende Zulassung für sechs Brückenbauwerke doch noch erteilt werden kann.
Ein Bahnsprecher gab sich gegenüber der MZ am Mittwoch optimistisch: „Wir rechnen damit, dass wir einen Fahrplan vereinbaren können, damit die Strecke pünktlich in Betrieb gehen kann.“
Das Eisenbahn-Bundesamt verweigert die Freigabe der Brücken, weil die dort verwendete Konstruktion des Gleisbettes von geltenden technischen Bestimmungen abweicht. Deshalb muss der Hersteller, der österreichische Baukonzern Porr, gesondert nachweisen, dass das System verwendet werden kann.
Das ist laut Eba bisher nicht passiert. Dabei geht es vor allem um die Belastung der Brücken bei hohen Geschwindigkeiten. ICE-Züge sollen auf der Strecke Tempo 300 erreichen.
Bei dem Treffen im Ministerium will die Bahn AG nach MZ-Informationen einen Plan B vorschlagen. Demnach sollen während des laufenden Betriebs regelmäßige Messfahrten erfolgen, um die dauerhafte Belastungsfähigkeit der Brücken nachzuweisen. Der Bahnsprecher sagte dazu, eine Zulassung unter Auflagen sei eine Option.
Ob sich das Eisenbahn-Bundesamt darauf einlässt, ist allerdings offen. Auch Vertreter der Behörde nehmen an dem Treffen teil. Wird bis zum Dezember kein Kompromiss gefunden, müsste das Gleisbett der Brücken im schlimmsten Fall neu gebaut werden. Experten rechnen dann mit einer Verzögerung von drei Jahren und erheblichen Mehrkosten. Schätzungen reichen von 50 bis zu mehreren hundert Millionen Euro.
Ein mit den Vorgängen vertrauter Experte sagte der MZ, die Bahn habe von Anfang an gewusst, dass das System für Brücken nicht zugelassen sei. Sie habe bei der Ausschreibung sogar auf eine Forderung nach einer Zulassung verzichtet, vermutlich um Geld zu sparen.
Die Bahn erklärte dazu, ein solches Vorgehen sei üblich, die Ausschreibungen würden dann unter den Vorbehalt der Freigabe durch das Eisenbahn-Bundesamt gestellt. Um Geld gehe es nicht.
Unterdessen schieben sich die Bahn und die Behörde gegenseitig die Verantwortung für die Verzögerung zu. Aus Bahn-Kreisen hieß es, Porr habe bereits 2011 einen Antrag auf eine allgemeine Zulassung gestellte. Das Eba habe den Antrag erst im Mai abgelehnt und den gesonderten Nachweis gefordert.
Die Behörde erklärte dagegen, die Bahn als Bauherr sei „über einen längeren Zeitraum wiederholt darauf hingewiesen worden, dass die Bedingungen für die Zulassung nicht erfüllt sind“. Zudem wisse ein Antragsteller stets vorab, welche Nachweise erforderlich seien.
Die ICE-Strecke Erfurt-Halle/Leipzig ist Teil der Linie München-Berlin, eine der wichtigsten Nord-Süd-Verbindungen. Sie soll 2017 endgültig in Betrieb gehen, bis dahin wird noch zwischen Erfurt und Nürnberg gebaut. Die Fahrzeit zwischen Berlin und München soll sich auf unter vier Stunden verkürzen.