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Wartburg-Oldtimer Wartburg-Oldtimer aus Alsleben: Mit dem 311er zur Einschulungsfeier

Von Katharina Thormann 11.08.2017, 05:45
Vor einem Jahr kam das Schraubertrio aus Alsleben zu diesem äußerst selten gewordenen Wartburg Kombi.
Vor einem Jahr kam das Schraubertrio aus Alsleben zu diesem äußerst selten gewordenen Wartburg Kombi. Engelbert Pülicher

Alsleben - Die sechsjährige Nele aus Alsleben dürfte sich ihrer Einschulung am morgigen Samstag noch mehr entgegensehnen als all ihre Klassenkameraden. Denn sie muss ihren Schulranzen nicht bis zur Schule schleppen, sondern wird chauffiert. Aber nicht mit irgendeinem Wagen, sondern mit einem 54 Jahre alten Wartburg 311er.

„Es war ihr großer Wunsch“, erzählt Doreen Hasse von der Tochter ihrer besten Freundin. Haase und ihr Partner Ronny Titze haben sich den auf den Straßen äußerst selten gewordenen Oldtimer-Kombi erst im vergangenen Jahr zugelegt. Zufällig.

Vom Trabant zum Wartburg

„Doreen wollte im Urlaub selbst mal Trabi fahren und deshalb hatten wir einen ausgeliehen. Dann kamen wir auf den Geschmack“, erzählt der 39-jährige Kfz-Meister, der nach langem Suchen bei einem Sammler in Naumburg fündig wurde und dem grünen Fahrzeug mit weißem Dach und getönter Windschute an der Frontscheibe einfach nicht widerstehen konnten. Dabei war der Kombi, der viele Jahre Lastenesel einer Elektrofirma war, zunächst in einem schlechten technischen Zustand.

Über den gesamten Winter schraubte Titze an dem Fahrzeug. Wechselte Kolben, Bremsen, etliche poröse Gummidichtungen und bekam dabei sogar Hilfe vom gemeinsamen vierjährigen Sohn Finn. „Er war so begeistert vom Mitschrauben, dass er sogar seine eigene Taschenlampe und eigene Handschuhe haben wollte“, erzählt Mutter Doreen Haase, die sich währenddessen ums Aufpolieren kümmerte. „Wir basteln alle drei gern“, sagt die 37-Jährige.

Aber dabei allein ist es nicht geblieben. Nachdem der Oldtimer den Tüv-Test im Frühjahr bestanden hatte und die Kennzeichen angeschraubt waren, glänzte er unter anderem schon beim Oldtimertreffen in Thale in der Sonne und vergangenes Wochenende sogar beim großen Wartburg-Treffen „Heimweh“ in der ehemaligen Wartburg-Schmiede im thüringischen Eisenach.

Beinahe wäre schon bei der Hinfahrt Ende gewesen. „Sieben Kilometer vor der Ankunft sind wir stehengeblieben“, erzählt Titze von der gebrochenen Passfeder.

Der falsche Leichenwagen

Doch Dank des großen Teilemarktes auf dem Wartburgtreffen und dem Abschleppdienst war der Kombi schnell wieder fahrbereit und ein echter Besuchermagnet. „Es waren mehr als 400 Modelle da, aber nur drei Kombis“, erzählt Titze, wie rar diese inzwischen geworden sind und wie oft sie auch für Leichenwagen gehalten werden, da die Rücksitzbank zu einer geraden Fläche herunterklappbar ist. „Wir wurden mehrmals darauf angesprochen“, so der 39-Jährige, der nach dem Camping-Wochenende im Zelt auf dem „heiligen Wartburgboden“ sogar mit etwas mehr Gepäck nach Hause reiste - und zwar einer Urkunde und einer Ehrentafel für den schönsten Wartburg 311er auf dem Platz. „Mein Sohn wollte unbedingt, dass wir beim Wettbewerb mitmachen“, erzählt der Alslebener, der eigentlich gar nicht das Rampenlicht sucht, denn: „Für uns ist das Fahrzeug nur Spaß an der Freude und ein schöner Ausgleich zum Arbeitsalltag.“

Schraubertrio macht weiter

Und deshalb lässt sich das Schraubertrio auch Zeit bei der Restaurierung des 45-PSers, die möglicherweise noch kommt und bei der sie den Oldtimer in sämtliche Stücke auseinandernehmen will. Schließlich fehlt noch das ein oder andere Ersatzteil. Bis jetzt muss zum Beispiel noch ein Spiegel von einem Trabant herhalten. Doch nicht nur die Spiegel sind inzwischen so rar wie die Kombis selbst.

Denn obwohl von 1955 bis 1965 immerhin 23.568 Stück gebaut wurden, gilt der Kombi heute als fast verschwunden. Wahrscheinlich deshalb gibt der Alslebener Titze sein Herzstück ungern in andere Hände. Nicht einmal in die seiner langjährigen Partnerin. „Ich durfte ihn bisher nur einmal in die Waschanlage fahren“, sagt Doreen Haase. Deshalb denkt die 37-Jährige sogar schon über einen eigenen Oldtimer nach. Sie liebäugelt beispielsweise mit einem Trabant 600. „Der ist so schön knuffig und rund“, sagt Haase.

Doch bis sich die Schrauberfamilie vielleicht noch einen zweiten Oldtimer aus DDR-Zeiten anschafft, plant sie schon die nächsten Ausflüge mit ihrem grün-weißen Kombi. Nach der Einschulung am Wochenende ist auf jeden Fall schon das Wartburg-Treffen im kommenden Jahr in Eisenach geblockt. Wer weiß, vielleicht ist die Seltenheit dann sogar nur noch als einziger ihrer Art auf dem großen Platz unter den ganzen „Wartis“ zu bestaunen. (mz)

Auch im Innenraum des Wartburg 311 Kombi ist noch so gut wie alles original.
Auch im Innenraum des Wartburg 311 Kombi ist noch so gut wie alles original.
Engelbert Pülicher