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Vorwürfe gegen Bürgermeisterin Vorwürfe gegen Bürgermeisterin: Vermietung an Ehemann - moralisch bedenklich?

Von Andreas Braun 11.12.2020, 12:56
Im Haus Markt 9 ist ein Teil der Stadtverwaltung untergebracht. Die Gebäude auf dem Hof werden vermietet.
Im Haus Markt 9 ist ein Teil der Stadtverwaltung untergebracht. Die Gebäude auf dem Hof werden vermietet. engelbert pülicher, Feuerwehr Bernburg

Nienburg - „Nun ist es Gewissheit, dass es tatsächlich so gekommen ist. Die allein ihres Amtes wegen im Vorstand der Stiftung sitzende Bürgermeisterin hat ihrem Ehemann dieses Objekt in bester Innenstadtlage vermietet.“ Gemeint ist ein Grundstück hinter dem Haus Markt 9 in Nienburg.

Mathias Henning-Kersten kreidet Bürgermeisterin Susan Falke (parteilos) an, was sie als Vorstand der 1914 von Adolf Meyer gegründeten Stiftung entschieden hat. Dem streitbaren Stadtrat der Linken sind Ambitionen nicht fremd, dass er sich im kommenden Jahr selbst um das Amt des Bürgermeisters bewerben möchte.

Führerprinzip gilt noch immer - für Bürgermeister und Stellvertreter

Susan Falke ist Vorsitzende des Vorstandes der Wohlfahrtsstiftung, die einst den Namen des Stifters Adolf Meyer trug. Sie wurde 1940 umbenannt. Adolf Meyer war jüdischen Glaubens und passte nicht in das Weltbild der Nationalsozialisten. Seitdem gelte, so Henning, das „Führerprinzip“. Das heißt, alleiniger Stiftungsvorstand mit allen Befugnissen sind der Bürgermeister und sein Stellvertreter.

Das ist auch heute noch so, sagt Susan Falke. Sie sei automatisch Stiftungsvorstand, doch in dieser Funktion rein als Privatperson für die Stiftung verantwortlich. Sie wisse, dass es Bestrebungen im Stadtrat gebe, mehr Einblick zu bekommen, aber sei das gar nicht möglich.

Nur der Stiftungsaufsicht rechenschaftspflichtig

Dass man an dem Zustand aus alten Zeiten etwas ändern könne, stellt sie nicht in Abrede. Doch dass sie schalten und walten könne, wie sie wolle, sei nicht so. Sie sei der Stiftungsaufsicht rechenschaftspflichtig. Und die Vermietung sei mit der Aufsicht - nach Stiftungszweck und unter moralischen Gesichtspunkten - abgesprochen. Es gebe zudem mehrere Mieter, so Susan Falke.

Henning-Kersten zweifelt nicht an, dass an dem Vertrag zwischen Stiftung und dem Mieter nichts zu deuteln ist. „Rechtlich einwandfrei ist, dass die Stiftung Gebäude auf ihrem Gelände an wen auch immer vermieten kann, um Einnahmen zu erwirtschaften“, sagt er.

Neue Miter suchen, um das Stiftungsvermögen zu erhalten und zu vermehren

Doch moralisch sei es bedenklich, wenn an die eigene Familie vermietet werde, ohne dass vom Stadtrat kontrolliert werden könne. Er könne nicht nachprüfen, ob das im Sinne des Stifters sei, der der Stadt Häuser schenkte, damit die erzielten Einnahmen sozialen Zwecken zugute kommen. Das war der Fall, als die Feuerwehr noch Mieter war, so Henning-Kersten. „Bis dahin war alles in Ordnung und im Sinne des Stifters.

Nach dem Auszug der Feuerwehr und dem damit verbundenen Wegfall der Mieteinnahmen ist es auch mehr als verständlich, dass sich die Stiftung nach neuen Mietern umsieht, um das Stiftungsvermögen zu erhalten und zu vermehren“, sagt er selbst.

Beim Vermietungsgeschäft ist nichts zu beanstanden

Doch die Befugnisse des Stiftungsvorstandes gehen ihm zu weit. „Jegliche Nachfragen seitens verschiedener Stadträte über mögliche Mietinteressenten wurden regelmäßig von der Bürgermeisterin mit den Worten abgeblockt: ,Das ist Sache der Stiftung und darüber muss keine Auskunft erteilt werden.’ Ob überhaupt noch andere Interessenten vorhanden waren, welche Miete angesetzt wurde oder wie der ganze Mietvertrag zustande gekommen ist, bleibt völlig im Unklaren“, wettert der Linke.

Daran, so Susan Falke, werde sich auch nichts ändern. Nachgefragt hatten Stadträte auch bei der Stiftungsaufsicht des Landes Sachsen-Anhalt. Sie erhielten die Auskunft, dass an diesem Vermietungsgeschäft nichts zu beanstanden sei, führt Mathias Henning-Kersten aus.

Einnahmen erzielen

Nicht in Abrede stellt er, dass die Stiftung Einnahmen erzielen muss, um ihren Zweck, nämlich im sozialen Bereich tätig zu werden, erfüllen zu können. Natürlich könne es völlig gleich sein, wer der neue Mieter sei. „Es hat aber ein Geschmäckle. Wenn nicht sogar einen bitteren Beigeschmack. Das ist nicht von der Hand zu weisen“, zieht Henning-Kersten sein Resümee.

Er will weiterhin darauf dringen, dass sich etwas ändert. Er wolle auch beobachten, warum ein Antrag zur Umnutzung auf „Garagennutzung“ lautet. Das habe praktische Gründe, sagt Susan Falke. Damit sei nicht ausgeschlossen, dass eine gewerbliche Nutzung erfolgen kann. Das sei beim Antrag berücksichtigt worden. (mz)