Behinderte Schloß Hoym Stiftung: Moderner Fahrstuhl soll im Notfall das Leben der behinderten Bewohner retten

Hoym - Angela Brandtke, Bewohnerin der Schloß Hoym Stiftung, fährt ihren Rollstuhl ganz dicht heran an das rote Seidenband. Und mit einem Schnipp gibt sie gemeinsam mit Vorstands- und Stadtvertretern den Zugang zu einem ganz besonderen Fahrstuhl frei.
Denn das Bauwerk, das im Haus der Rosen drei Etagen miteinander verbindet, schafft für die 25 Bewohner nicht nur Barrierefreiheit, sondern wird - erstmals im Salzlandkreis - auch als Rettungsweg anerkannt.
25 Menschen mit Behinderung leben im Gebäude
Ein wichtiger Punkt, findet René Strutzberg, der Geschäftsführer der Stiftung. Denn das aus dem Jahr 1915 stammende Gebäude biete einer Wohngruppe der Einrichtung Platz, in der 25 Menschen mit Behinderung leben.
Teilweise auch mit körperlichen Einschränkungen, so wie Angela Brandtke, die auf einen Rollstuhl angewiesen ist. Den die Treppen hinauf und wieder hinunter zu kommen, war bisher immer ein wahrer Kraftakt. Bei anderen Bewohnern besteht dagegen Sturzgefahr, so dass auch sie das Treppenhaus nie alleine nutzen konnten.
Kreis wollte den Lift anfangs nicht als Rettungsweg zulassen
„Doch der Fahrstuhl bietet den Bewohnern nun mehr Selbstständigkeit“, freut sich der Geschäftsführer.
Dabei war die Umsetzung des Bauvorhabens, wie Stiftungschefin Petra Czuratis und Strutzberg bei der feierlichen Übergabe erklären, nicht wirklich einfach. Der Landkreis habe es zunächst abgelehnt, den Fahrstuhl im Brandfall als Rettungsweg zuzulassen.
„Doch das Thema hat uns nicht losgelassen. Wir haben bis Hessen recherchiert und sind fündig geworden“, erzählt der Geschäftsführer, der einen solchen Fahrstuhl dann auch im nahegelegenen Halberstadt entdeckte.
Für die Sicherheit in einem Brandfall sorgen nun eine unabhängige Stromzufuhr, brandgeschützte Stromleitungen, Brandschutztüren und feuersichere Baumaterialien. Ein finanzieller Mehraufwand - statt 300.000 kostete der Bau nun 450.000 Euro -, der sich aber im Sinne der bewegungseingeschränkten Menschen und deren Sicherheit lohne.
Kompromiss mit dem Denkmalschutz
Ein anderes Problem sei der Denkmalschutz gewesen. „Denn ein Gebäude, das unter Denkmalschutz steht, baulich zu verändern, ist eine schwierige Aufgabe“, weiß auch Seeland-Bürgermeisterin Heidrun Meyer. „Doch heute sehen wir alle, dass es möglich ist, wenn man denn will.“
„Ich bin sehr für Denkmalschutz, wenn es darum geht, Museen, Schlösser und Burgen zu erhalten“, sagt auch Strutzberg. „Aber bei unserer Einrichtung mit 272 Menschen mit Behinderung hier auf dem Zentralgelände muss der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gelten. Da muss das Wohl der Bewohner im Vordergrund stehen.“
Fahrstuhl wurde in vier Monaten gebaut
Dass am Ende alles geklappt hat, der aus Stahlbeton-Elementen bestehende 14 Meter hohe Fahrstuhlschacht in einer Rekordzeit von vier Monaten erbaut wurde, dafür dankte er dann auch den zuständigen Behörden und den beteiligten Baufirmen.
Für die gab es Sekt und Schnittchen. Aber vorher wurde noch ein Baum gepflanzt. „Eine Eiche.“ Dafür nahmen Bewohner Florian Hesse, Petra Czuratis, Vize-Geschäftsführerin Doris Kiewel und Seeland-Bürgermeisterin Heidrun Meyer die Schaufel in die Hand.
„Ich finde, dass ist eine ganz tolle Sache“, lobte die Bürgermeisterin den Fahrstuhlbau und hofft auf viele weitere solcher Projekte in den nächsten Jahren. „Die Hilfe ist da von Seiten der Stadt.“ Denn es sei wichtig, dass die Schloss-Bewohner am öffentlichen, gesellschaftlichen Leben teilhaben können. (mz)