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Artenschutz Schadelebener Gotteshaus wird zweite Vogelkirche im Seeland

So sollen bedrohte Vogelarten gezielt Schutz finden. Pfarrerin sieht Aufwertung des ganzen Ensembles in der Gemeinde am Concordia See.

Von Regine Lotzmann Aktualisiert: 06.03.2022, 09:48
Auch das Schadelebener Gotteshaus soll nun zu einer Vogelkirche werden. Die Beteiligten sehen das als Aufwertung des ganzen Ensembles an.
Auch das Schadelebener Gotteshaus soll nun zu einer Vogelkirche werden. Die Beteiligten sehen das als Aufwertung des ganzen Ensembles an. Foto: Frank Gehrmann

Schadeleben/MZ - Die drei Kisten aus Pressspanplatten sehen eigentlich ganz unspektakulär aus. Doch die Idee dahinter ist eine besondere. „Die Kirchengemeinde Schadeleben hat beschlossen, ihre Kirche nicht nur Menschen, sondern auch Tieren zu öffnen“, freut sich der Ascherslebener Ornithologe Uwe Nielitz über die Vorbildwirkung der benachbarten Vogelkirche in Hoym. Dort gibt es schon seit Jahren solche Nistkästen, in denen geschützte Vogelarten ihren Nachwuchs großziehen können.

„In unserer Kirche brüten schon lange Dohlen und Turmfalken“, weiß Christiane Kern. Die Vorsitzende des Gemeindekirchenrates in Schadeleben wohnt mit ihrer Familie gleich gegenüber vom Gotteshaus und sieht die Vögel gern. Doch die Tiere haben ihr Nistmaterial - Äste, Federn, Moos - im gesamten Dachstuhl verteilt und sich unmögliche Stellen für ihre Nester ausgesucht. Durch die Kästen kann das nun verhindert werden und die Vögel verlieren ihr „geschütztes Heim“ trotzdem nicht. Ein guter Kompromiss für beide Seiten. „Wir wollen es den Tieren einfach ein bisschen attraktiver machen und vielleicht auch ein paar Eulen anlocken“, sagt Christiane Kern. Deshalb hätten ihr Sohn und ihr Mann, der eine Tischlerei betreibt und sich schon immer für die Kirche engagiert, kostenlos die Kästen gebaut.

Einzug in neuer Saison

„Ich bin mir sicher, dass das angenommen wird, sogar schon in dieser Brutsaison“, glaubt Nielitz, der die Bauvorlagen für die Dohlenkästen besorgt hatte. „Die Schadelebener wollen den Tieren - speziell den Vögeln dort - eine Heimstatt geben. Und um das zu erreichen, haben wir einen Vorort-Termin vereinbart und nach Lösungen gesucht, wie man die Kirche sauberhalten und trotzdem die Brutplätze für Eulen, Turmfalken und Dohlen retten kann“, berichtet Uwe Nielitz, der sich über die ehrenamtliche Unterstützung der Tischlerei freut. „Wir hoffen, dass wir irgendwann auch eine Kamera einbauen und so in die Nester schauen können“, nennt Christiane Kern einen weiteren Plan. „So tun wir etwas für die Natur und die Menschen.“

Die Dohlenkästen aus Pressspanplatten.
Die Dohlenkästen aus Pressspanplatten.
Foto: Uwe Nielitz

„Außerdem sind in der Kirche von Schadeleben Maßnahmen für die Ansiedlung von Fledermäusen geplant“, ergänzt Nielitz und spricht von besonderen Kästen, in denen sich die bedrohten, ökologisch aber wichtigen Säugetiere ihre Wochenstuben einrichten können. „Obwohl, wahrscheinlich sind sogar schon Fledermäuse da“, meint der Ornithologe.

„Ich finde die Idee wirklich klasse“, so Pfarrerin Johanna Bernstengel, die ihrer Kirchengemeinde, der Tischlerei und dem Naturschutzbund wirklich dankbar für dieses Vorhaben ist. Sie sei eine ausgemachte Katzenliebhaberin, wisse aber auch, was die Stubentiger für Schäden anrichten können. „Und da oben, in dem 200 Jahre alten Kirchturm, sind die Vögel sicher - und ihre Brut auch.“

Falkennachwuchs in der Vogelkirche Hoym.
Falkennachwuchs in der Vogelkirche Hoym.
Foto: Frank Gehrmann

Vor Wind und Wetter geschützt

Sicher ebenfalls vor anderen Wildtieren, aber eben auch vor dem Wetter. „Es gibt doch immer mehr Stürme, immer mehr Bäume stürzen um, die Kirche bietet da Schutz.“ Doch im Naturschutz sieht die Pfarrerin nur einen Vorteil der Aktion, es werde auch das gesamte Ensemble aufgewertet: Die Kirche, die zu einer Radlerkirche werden soll, der Blick auf den Concordia See, der große geschnitzte Holzbär, der das Maskottchen der Schadelebener ist, und die dazugehörige Sonderstempelstelle der Salzländer Kulturtour.

Und Uwe Nielitz findet: „Das ist ein weiteres wunderbares Beispiel für nachhaltigen Naturschutz in einer Zeit, in der immer mehr Kirchen, Scheunen und Türme verschlossen werden - und Tiere keinen Lebensraum mehr finden. Hoffen wir, dass die Kirchen Hoym und Schadeleben deshalb als Beispiel für andere Kirchen dienen.“