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Mysteriöser hohler Baum Pappel zwischen Hoym Salzlandkreis und Reinstedt Harz: Ortschronist Dietrich Genau über den mystischen Ort

Von Regine Lotzmann 31.10.2019, 15:56
Dietrich Genau zeigt den riesigen Stamm der alten Teufelspappel und wo die neue aus einem Ast herausgewachsen ist.
Dietrich Genau zeigt den riesigen Stamm der alten Teufelspappel und wo die neue aus einem Ast herausgewachsen ist. Regine Lotzmann

Hoym - „Hier spukt der Teufel herum“, ist sich Dietrich Genau sicher. Zwar mit einem zwinkernden Auge, doch die Geschichte von der Teufelspappel passt geradezu in diese Zeit, wo allerorten Halloween gefeiert wird und die Leute für Grusel empfänglich sind.

Einst stand der riesige Baum - gute drei Meter im Durchmesser - zwischen Hoym und Reinstedt auf grüner Wiese, von Selke und Mühlgraben gesäumt. „Innen war er hohl“, erinnert sich Genau, der sich als Kind oft in der Silberpappel versteckt hatte. Reinstedter Jungen hätten darinnen sogar ein Feuer entzündet und den Baum ausgebrannt.

Die hohle Silberpappel war Versteck für Kinder - einmal brannte ein Feuer im Innern

Warum der aber Teufelspappel hieß, kann der Hoymer Ortschronist nur vermuten. „Einstmals gab es dort den Hoymer Ortsteil Froborn“, erzählt er.

Weil sich die Bewohner im Bauernkrieg hinter Thomas Müntzer stellten, wurde die Ortschaft, bis auf ihre Mühle, geschleift, also dem Erdboden gleich gemacht. „Es wurde alles runtergebrannt und vielleicht meinte einer: Da hat doch der Teufel die Hand im Spiel.“

Gruselig war die Teufelspappel auf jeden Fall. „Wenn ein Gewitter aufzog und der Wind kam, dann flimmerten und glitzerten die silbernen Blätter richtig - das war schon mystisch“, findet er. Er weiß nicht, wie oft der Blitz schon in den Baum eingeschlagen hatte. Denn die Rinde war knorrig, rau gefurcht.

Immer wieder seien Blitze in die Silberpappel zwischen Hoym und Reinstedt eingeschlagen

Bei Regen lief das Wasser am Stamm in kleinen Rinnsalen ab und zog die Blitze förmlich an, sagt Genau und zitiert die inzwischen veraltete Volksweisheit: „Buchen sollst du suchen, Eichen sollst du weichen.“ Denn die Borke der Eichen sehe genauso aus.

Jedenfalls sei bei solch einem Wetter irgendwann ein Ast abgebrochen. „Einen guten Meter im Durchmesser“, sagt Genau, der seitdem auf besondere Weise mit dem Baum verbunden ist. Denn aus diesem Ast - die Erlaubnis dafür hatte er sich eingeholt - habe er unzählige Wappen geschnitzt.

Eins davon, mit dem Hoymer Bären, hängt in seinem Flur. „Fassen Sie mal drunter“, sagt der Künstler. Und tatsächlich, die Hand ertastet unebene Rinde.

Aus dem Holz eines abgebrochenen Astes schnitzte Dietrich Genau zahlreiche Wappen

„Da sind wirklich viele Wappen entstanden“, sagt Genau. Einige hängen im Hoymer Schloss, das größte im Museum in Ballenstedt.

Weil die riesige Silberpappel aber irgendwann ganz umgekippt ist, wurde gleich daneben eine neue gepflanzt. „Doch das wollte der Teufel wohl nicht“, glaubt Genau. Denn der Ersatz ging umgehend ein. „Der Gehörnte meinte wohl, er brauche keine Hilfe und könne das selbst“, sagt der Hoymer und lacht.

Denn - und das findet er schon ein bisschen unheimlich - ein großer Ast der alten Pappel, der auf der Erde lag, hatte einfach Wurzeln geschlagen. Inzwischen ist daraus eine neue Silberpappel gewachsen, die mit stattlichen 20 Metern selbst schon wieder ein Riese ist.

Aus einem großen Ast der Silberpappel schlugen Wurzeln, aus denen ein neuer Baum gewachsen ist

Und daneben wachsen weitere Bäume aus dem Ast. „Im Prinzip ist es die ganze Teufelsfamilie - von der Großmutter bis zu den Kindern.“

Genau ist fasziniert von diesem Fleckchen Erde, denn der alte Baumstamm - gute vier Meter breit - liegt noch immer an seinem Platz und verwittert langsam. „Hier“, zeigt er auf verkohltes Holz, „sieht man sogar, wo er ausgebrannt ist.“ Auch ein „Tor“ steht noch da, durch das man früher in den Stamm klettern konnte.

Für Genau ist das ein schönes Naturdenkmal. Direkt am Europaradweg R1. „Hoffentlich lässt man die alte Teufelspappel liegen“, sagt er deshalb und findet, dass es sozusagen die Verlängerung der Teufelsmauer ist. „Aber hier ist der Teufel eben zu Hause, hier spukt er rum“, sagt Genau und zwinkert.

(mz)