Kino-Geschichte auf Dorf Kino Dorfgemeinschaftshaus Nachterstedt: Pojektoren zeigten der Kleine Muck und Die Glorreichen Sieben

Nachterstedt - Es geht ein paar Stufen hinauf ins alte Foyer, dann wieder hinunter, durch eine enge Tür und schmale Stiegen rauf bis ganz unters Dach des Nachterstedter Dorfgemeinschaftshauses, wo sich ein Geheimnis versteckt. „Hier stehen noch die alten Projektoren“, zeigt Horst Brückner auf zwei Geräte, die ein bisschen an schwarze Bulleröfen erinnern.
Neben Tanz, Versammlungen und geflügelausstellungen wurden regelmäßig Filme im Kulturhaus gezeigt
Denn im Nachterstedter Kulturhaus, das 1952 in Betrieb gegangen war, gab es nicht nur Tanz, Versammlungen und Geflügelausstellungen. Nein, hier flimmerten auch Kinofilme über die Leinwand. Denn mit Leichtmetallwerk und Braunkohlewerk, den beiden großen Betrieben vor Ort, gab es zahlreiche Beschäftigte, die unterhalten werden wollten.
„Das hier oben“, zeigt Brückner auf die Räume des Heimatmuseums, „war früher der Rang mit schräg angeordneten Sitzen.“ Von dort und unten aus dem Saal, der immerhin 750 Leute fasste, konnte man auf eine Leinwand schauen.
„Am Anfang war die noch halb so groß wie die Bühne, aber in den 60er Jahren wurde modernisiert“, erzählt der Nachterstedter, der nun für das Mini-Museum verantwortlich ist. Bei der Aufrüstung erhielten die Projektoren nicht nur strahlende Quecksilberlampen, sondern auch die Leinwand wurde größer. „Totalvision“, sagt Horst Brückner und lacht.
Wo sich heute das Heimatmuseum befindet, war früher der Rang des Kinos
Er selbst kann sich noch gut an die Kinozeiten erinnern, die erst mit der Wende beendet waren. „Schon als Kind war ich hier - in den frühen 50er Jahren“, erzählt Brückner. Jeden Sonnabendnachmittag gab es Kindervorstellungen.
„Vom Kleinen Muck bis hin zu allen möglichen Märchenfilmen, aber es stand auch schon der eine oder andere Revolutionsfilm auf dem Programm“, zählt der Nachterstedter auf. An einen Film kann er sich aber ganz besonders gut erinnern.
In den frühen 60er Jahren wurden „Die glorreichen Sieben“ gezeigt. „Der Saal war übervoll - 750 Leute saßen im Saal, weitere 150 standen in den Gängen“, rechnet Brückner vor und sagt: „Der Film war der Reißer!“
Später wurde nur noch vom Rang aus Kino geschaut, ab der Wende gar nicht mehr. Und das kleine Reich des Filmvorführers - mit separatem Eingang von der Straße aus und Toilette auf halber Treppe - geriet in Vergessenheit.
Mit gelben Knöpfen wurde der Vorhang im Vorführraum geöffnet und geschlossen
Nur manchmal zieht es den Museumschef in den weiß getünchten Vorführraum, wo es viele kleine Schätze zu entdecken gibt. Den Schaltkasten etwa mit dem Übersichtsplan, wo welcher Lüfter, welches Pilotlicht verkabelt ist.
Oder die kleine Tafel vor den Minigucklöchern in der Wand, genau wie in den heutigen großen Kinos. Mit den gelben Knöpfen darauf konnte unten der Vorhang geöffnet oder geschlossen werden.
Auf den schwarzen Projektoren mit „Schornstein“ - Lüftungsrohren, die durch die Decke gehen und dafür sorgen sollten, dass der Projektor gut belüftet ist und der Film nicht durchschmort - sind weitere Aufkleber und Schildchen zu entdecken. Mit Ein-, Aus- und Gefahrenschaltern.
„Bezirksfilmdirektion Halle Nr. 000591“ steht auf einem anderen. Dass der Projektor ein Zeiss Ikon und 290 Kilogramm schwer ist. Nur das richtige Baujahr wurde nicht aufgedruckt. Dort steht das vorgefertigte 1900, die Zehner und Einer, die hätten aufgestempelt werden müssen, aber fehlen.
In der Ecke des Raumes stehen noch Behälter für die Filmrollen
Auf einem kleinen Tischchen sind schwere mehrere Objektive aufgereiht und in der Ecke des Raums stehen noch die Hüllen, in die einst die Filmrollen eingelegt wurden. Die Dinger haben ihr Gewicht. „Das war schon Schwerstarbeit“, nickt Horst Brückner, der von den alten Projektoren ganz begeistert ist.
Ab und an, wenn es Interessenten dafür gibt, holt er die Leute für Sonderführungen hier rauf. Um ein Geheimnis aufzudecken, das sonst unter dem verstaubten Dachstuhl des alten Kulturhauses vor sich hinschlummert. (mz)
