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Institut Gatersleben IPK Gatersleben koordiniert EU-Projekt Agent: Datenbank fasst weltweites Wissen zusammen über Weizen und Gerste

Von Regine Lotzmann 12.06.2020, 07:56
Koordinator Nils Stein in einem Getreide-Feld, das Bestandteil des Agent-Projektes ist. Das soll Genbanken besser nutzbar machen.
Koordinator Nils Stein in einem Getreide-Feld, das Bestandteil des Agent-Projektes ist. Das soll Genbanken besser nutzbar machen. Frank Gehrmann

Gatersleben - „Eigentlich sitze ich nur noch am Computer“, sagt Nils Stein. Budgets verteilen, Fristen einhalten, Zeitlinien vorgeben, die Daten zusammenführen. „Es ist ein großer Verwaltungsaufwand, das zu begleiten und zu managen“, gibt der Biologe zu, der seit 2001 im Gaterslebener Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) als Wissenschaftler arbeitet. Doch für das neue Agent-Projekt, als dessen Koordinator Stein nun eingesetzt ist, lohnt sich der Aufwand.

Das soll nämlich ein digitales Netzwerk schaffen mit einheitlichen Angaben zu Genotyp, Qualität, Eigenschaften und Verwandtschaft von Pflanzensorten, durch das Wissenschaftler und Züchter künftig einfacher auf das in den Genbanken dieser Welt eingelagerte biologische Material zugreifen können.

Datenbank soll Merkmale von in aller Welt eingelagerten Pflanzen zusammenfassen

Für Forschung und Züchtung eine immense Erleichterung, findet der Gaterslebener. „Denn im Moment ist es schwer abzuschätzen, worin die Vorteile verschiedener Proben einer Genbank liegen“, weiß der 53-Jährige.

„Das EU-Projekt ist deshalb ein wichtiger Baustein, die unglaubliche Vielfalt wichtiger Kulturarten zu erfassen und der gesamten Menschheit zur Verfügung zu stellen“, erklärt der Gaterslebener dann auch. Und holt ein bisschen aus:

„Vor 120 Jahren hat eine Entwicklung begonnen, die auf den Feldern vorkommende genetische Vielfalt zu sichern“, berichtet er von der Entstehung sogenannter Gen-Banken, in denen die Samen von Kulturpflanzen und ihren Wildformen gelagert und immer wieder nachgezogen werden.

„Damals fiel den Wissenschaftlern nämlich auf, dass sich die Pflanzen immer ähnlicher wurden. Sie hatten Bedenken, dass die wichtige Vielfalt verloren geht und auch der Züchtung nicht mehr zur Verfügung stehen würde.“

Das EU-Projekt Agent soll helfen, Genbanken künftig einfacher zu nutzen

Das Agent-Projekt, das von der Europäischen Union mit sieben Millionen Euro gefördert wird, soll nun dabei helfen, dass die Genbanken nicht mehr nur reine Saatgutarchive bleiben, sondern einfacher zu nutzen sind.

Dafür arbeiten unter der Koordination der Gaterslebener europaweit 19 Institutionen zusammen. „Nicht alle Genbanken Europas, aber viele wichtige“, erklärt der Wissenschaftler.

Die analysieren nun jeweils 500 verschiedene Muster ihrer eingelagerten Weizen- und Gersten-Sorten. Weil die zum einen als weltweit wichtige Grundnahrungsmittel gelten, zum anderen, weil sie bereits umfangreich erforscht sind. So hat etwa das Gaterslebener IPK bereits vor dem Projekt seine 22.000 Gersten-Saatgutmuster auf ebenjene Art charakterisiert.

„Und die genomischen Informationen sind wie ein Fingerabdruck.“ Auf diese Art erkennen die Wissenschaftler, welche Sorten tatsächlich einmalig sind - die Genbanken haben vor allem Muster aus ihrer eigenen Region gelagert - und welche sich gleichen, weil es schon früher einen regen Austausch zwischen den Einrichtungen gab.

Zudem soll ein kleiner Satz der gleichen Sorten in den unterschiedlichen Regionen angebaut werden, um zu sehen, wie das Getreide auf die verschiedenartigen Bedingungen an Wetter, Boden und Lage reagiert.  Auch in Gatersleben gibt es solche Felder. „Da sind Pflanzen dabei, die sind so groß wie ich“, sagt Nils Stein und lacht.

Der weiß den Vorteil des internationalen Projektes sehr zu schätzen. „Denn jeder hat seine besonderen Stärken“, nennt er etwa die Untersuchungen der Pflanzen oder die Erfassung und die Darstellung der Daten. Auch das IPK sei da in der Pflicht.

Agent-Projekt soll später auf weitere Pflanzenarten ausgeweitet werden

„Die Forschung in Gatersleben befindet sich auf einem sehr hohen Niveau und wir sind da in der Verantwortung, die anderen mitzunehmen.“ Und es entsteht dadurch auch ein Mehrwert für die Gaterslebener selbst, für die das Projekt von großer Bedeutung ist und die die Daten für weitere Forschungen nutzen können.

Denn das Agent-Projekt, das auf fünf Jahre angelegt ist, soll erst einmal nur der Anfang sein. „Es kann - da es dann eine einheitliche Methode gibt - für jede andere Pflanzenart fortgeführt werden.“ Sodass am Ende eine riesige Datenbank entsteht, die Züchter und Forscher weltweit nutzen können.

Die Wissenschaftler bezeichnen das deshalb auch als Beginn eines neuen Zeitalters, in dem die Genbanken von reinen Sammlungen zu bio-digitalen Ressourcenzentren werden. (mz)