"Man lernt viele Leute kennen" Hoym in der Stadt Seeland: Carlo Scholz vermarktet Ferienhaus bei Airbnb

Hoym - Carlo Scholz hat es noch keinen Tag bereut, dass er sich fremde Leute in sein Zuhause holt. Im Gegenteil, es sei eine Bereicherung, gibt der 30-Jährige zu, und erzählt von weit gereisten Dänen, drei lebenslustigen Lehrerinnen aus Coburg, von Bikern auf Pfingsttour und Teilnehmern der Bogenmeisterschaft.
„Man lernt einen Haufen Leute kennen“, meint der studierte Betriebswirt, eigentlich beim Aluminium-Riesen Novelis für die Logistik verantwortlich, in seiner Freizeit nun aber unter die Vermieter gegangen ist.
Über die Online-Plattform Airbnb bietet der Hoymer sein „Ferienhaus Kirchturmblick“ an. Über das Internet-Portal - ursprünglich hieß es „Airbedandbreakfast“, also Luftmatratze und Frühstück - können Privatpersonen ihre Wohnung oder Teile davon an Touristen vermieten. Unumstritten ist das nicht, da vor allem die Hotelbranche um ihre Einnahmen fürchtet und auch private Vermieter eigentlich Steuern zahlen müssten.
Doch Scholz ist abgesichert. „Das ist alles ganz legal“, winkt er ab. „Ich habe das als Gewerbe angemeldet, besitze dafür eine Steuernummer. Und das Finanzamt hat sich alles ganz genau angeschaut.“ So befindet sich das Ferienhaus zwar auf dem Grundstück von Carlo Scholz und seiner Lebensgefährtin. Deren Wohnhaus steht aber separat dahinter.
Vermietung als Gewerbe mit Steuernummer
Das ist auch der Grund dafür, warum die beiden nun an Touristen vermieten. „2011 bin ich mit meiner Freundin hier eingezogen“, zeigt der 30-Jährige auf das kleine Häuschen in der Altstadt von Hoym, das sie sich liebevoll ausgebaut haben. Eine große Stube mit Esszimmer, dahinter eine Küche. Oben Bad, Mini-Büro und Schlafzimmer mit einem begehbaren Kleiderschrank.
„Allerdings war uns das ganze als Wohnhaus irgendwann zu klein“, erzählt der Hoymer weiter. Umbauen hätte keinen Sinn gemacht, denkt er an die viele Arbeit und das Geld, das die beiden in die Sanierung gesteckt hatten. Also bauten sie auf ihrem Grundstück ein neues Haus.
Es kommen junge Familien und Paare
„Dann haben wir überlegt, was wir mit dem alten machen“, gesteht Scholz. Mieter wollten sie nicht haben und im Gespräch mit anderen Besitzern von Ferienwohnungen in Hoym stellte sich heraus, dass die ganz gut ausgelastet sind. Seit Anfang letzten Jahres vermieten sie nun selbst. Die Mitgliedschaft bei Airbnb sehen die beiden da eher als Werbung an. „Von April bis jetzt waren wir fast komplett ausgebucht, sogar im Januar und Februar, weil da viele zum Schlittenfahren in den Harz wollten.“
Das Publikum ist breit gemischt. „Teils junge Familien, teils Pärchen im mittleren Alter, die sich den Harz anschauen wollen.“ Eine Familie aus Halle, die ursprünglich aus der Seeland-Region stammt, kommt sogar dreimal im Jahr. Selbst eine Filmproduktionsfirma habe schon angefragt. „Aber da waren wir leider schon ausgebucht.“
Und so sieht Carlo Scholz auch für andere Hoymer, die vielleicht keine Arbeit mehr haben, großes Potenzial in der Tourismusbranche. Auch weil durch den demografischen Wandel viele Häuser leerstehen würden. Und die Lage, weiß Scholz, sei einfach ideal. „Quedlinburg ist da ein richtiges Zugpferd“, findet er und meint: „Alle sind immer sehr überrascht von Hoym. Das ist zwar relativ klein, aber trotzdem haben wir hier alles, was man braucht“, denkt er an Arzt, Sehenswürdigkeiten und Einkaufsmöglichkeit. „Das Schloss mit seinem Ambiente oder ein Spaziergang zwischen Selke und Mühlgraben“, zählt er schöne Ecken seiner Heimatstadt auf. Zudem könne vom Seeland-Ort vieles schnell erreicht werden - wie eben Quedlinburg und die Harzstädtchen.
Und so ist Airbnb irgendwie doch mehr als nur ein Werbeportal. Denn das Persönliche steht auch für Carlo Scholz an erster Stelle. „Wir unterhalten uns mit den Gästen, geben Tipps, was man machen kann, wo es gutes Essen gibt und Sehenswertes, wie die Gegensteine, den Ballenstedter Schlosspark, Degenershausen oder den Quedlinburger Münzenberg“, zählt der 30-Jährige auf, der auch die Begrüßung selbst übernimmt. „Und wenn das nicht klappt, legen wir einen Brief hin“, legt er Wert auf eine familiäre Note. Als Begrüßungsgeschenk bekommen die Touristen zudem eine Flasche Rotkäppchen-Sekt hingestellt. Und es gibt eine Art Mini-Bar, in der es nur kulinarische Angebote aus der Gegend gibt. „Mir ist nämlich wichtig, dass wir auch die Region ein bisschen präsentieren“, sagt Scholz. Der ist richtig froh über die vielen interessanten Bekanntschaften, aus denen sich mit der Zeit vielleicht auch Freundschaften entwickeln könnten. „Denn viele Gäste haben uns gesagt, dass sie unbedingt wiederkommen wollen.“
(mz)