HC Aschersleben Handball-Oberliga: Torhüter Dino Spiranec verlässt den HC Aschersleben

Aschersleben - Es passiert im Leben. Und zwar nicht nur einmal. Man steht vor einer Kreuzung und es gibt mehrere Möglichkeiten. Manchmal weiß man (oder glaubt es zumindest) ganz sicher, wohin es gehen soll, entscheidet schnell und biegt ab. Manchmal zweifelt man, holt Rat ein, wiegt ab, zögert und macht nur einen behutsamen Schritt. Und vor manchen Abzweigungen im Leben steht man. Und steht. Und steht. Und steht. Und macht keinerlei Anstalten, sich für einen Weg zu entscheiden.
Es ist erst wenige Wochen her, da stand Dino Spiranec vor so einer Kreuzung des Lebens. Der 26-jährige Handballtorhüter war noch im Heimaturlaub in Kroatien, als sich plötzlich ein Spielerberater bei ihm meldete. Ein Drittligist aus dem Süden Deutschlands würde einen neuen Torwart suchen. Einen potenziellen ersten Torwart. Und Spiranec, der im April noch seinen Vertrag beim HC Aschersleben um eine weitere Saison verlängert hatte, stand plötzlich vor dieser Kreuzung. Welche Abzweigungen nehmen? Die in Richtung Aschersleben oder die in Richtung einer neuen Herausforderung? Spiranec entschied sich schnell und bog ab. Nicht in Richtung Aschersleben.
Traurig und gut
Dino Spiranec hat den HC Aschersleben verlassen. Zwar sind noch nicht alle Formalitäten geklärt, weshalb er den Namen seines neuen Vereins noch nicht nennen möchte, doch der kroatische Torhüter hat sich bereits am Montagabend von seinen nun ehemaligen Mitspielern beim HCA verabschiedet. Am Dienstagvormittag reiste er aus Aschersleben ab. Mit einem weinenden und einem lachenden Auge. „Auf der einen Seite ist es traurig, auf der anderen Seite gut“, sagt Dino Spiranec.
Am Donnerstagabend wird der HC Aschersleben zum ersten Mal sehen, wo er aktuell steht. Gut einen Monat vor dem Start in die Mitteldeutsche Oberliga beim Zwickauer HC Grubenlampe (3. September) absolviert die Mannschaft von Trainer Dmitry Filippov ein erstes Trainingsspiel.
Gegner ist dabei der SV Anhalt Bernburg, der sich seit knapp drei Wochen unter seinem neuen Trainer Armands Uscins, der im Sommer von Sachsen-Anhalt-Ligist SG Kühnau kam und Christian Pöhler (HC Elbflorenz Dresden) ersetzt hat, auf die neue Spielzeit in der Nordstaffel der 3. Liga vorbereitet. Ausgetragen wird die Partie ab 19 Uhr in der Sporthalle im Bestehornpark.
Verzichten muss der SV Anhalt dabei allerdings auf den letztjährigen Ascherslebener Marcel Popa. Der Rückraumspieler hatte sich beim „Megawoodstock“ am Daumen verletzt und fällt vorerst aus.
Um die Hintergründe für Spiranec’ Wechsel zu verstehen, muss man Spiranec verstehen. Der Torhüter ist getrieben von seinem Ehrgeiz. Als er vor fünf Jahren nach Deutschland kam, war es sein Ziel, möglichst professionell Handball zu spielen. Über den SV Germania Borne, der ihn auf dem Internet-Videoportal YouTube entdeckt hatte, kam Dino Spiranec Anfang des Jahres 2014 nach Aschersleben. Er bildete mit Mantas Gudonis in den vergangenen beiden Spielzeiten eines der besten Torhüter-Gespanne in der Mitteldeutschen Oberliga, in der letzten Saison wahrscheinlich sogar das mit Abstand beste.
Doch darin liegt auch die Krux: Beim HC Aschersleben gab es keine klare Nummer eins. Die beiden Torhüter waren gleichstark und daher gleichberechtigt, Gudonis hatte nur einen Tick mehr Spielanteile.
Suche nach Ersatz stellt Trainer Dmitry Filippov vor Probleme
Natürlich hat auch der finanzielle Aspekt zu Spiranec’ Wechsel beigetragen. Er wird bei seinem neuen Verein ein vielfaches von dem verdienen, was er beim HCA verdient hat. So einen Schritt kann, so einen Schritt darf man niemandem verübeln. Dino Spiranec beschwichtigt aber, dass die Kohle nicht der Hauptgrund für seinen Abschied war. „Das ist für mich vielleicht die letzte Chance, Stammtorhüter in der 3. Liga zu werden“, sagt er. „Ich hätte das auch für das gleiche Geld wie in Aschersleben gemacht.“ Es ist der Ehrgeiz, der ihn antreibt. Immer höher spielen, immer mehr trainieren, immer weiter, immer weiter.
Der Verlust Dino Spiranec’ wiegt schwer beim HC Aschersleben. Der Verein ist zwar auf der Suche nach einem Ersatz, einen gleichstarken zu finden, scheint einen Monat vor dem Saisonstart allerdings unmöglich. Auch Trainer Dmitry Filippov sagte bereits, dass dem Verlust des Torhüters mehr Probleme anhaften, als dem Abgang von Mindaugas Veta, der den HCA ebenfalls kurzfristig verlassen hat und vor allem berufsbedingt in seine Heimat Litauen zurückgekehrt ist.
Ein kurzer Moment Wehmut
Spiranec geht freilich auch mit einem weinenden Auge. Er hatte eine schöne Zeit in Aschersleben, sagt er. Er hat viele neue Menschen kennengelernt, neue Freunde gefunden. Vor allem ein Mann hat bei ihm nachhaltig Spuren hinterlassen: Frank Seifert senior, der Co-Trainer des HCA. „Er hat uns immer alles ermöglicht, war immer da für uns“, sagt Spiranec, „für ihn tut es mir besonders leid.“ In seiner Stimme schwingt Wehmut mit.
Doch es ist nur für diesen einen kurzen Moment. Ansonsten klingt Dino Spiranec aufgeräumt. Er hat die für ihn logische Entscheidung getroffen. Er ist zügig abgebogen.
(mz)