Handball-Oberliga in Aschersleben Handball-Oberliga in Aschersleben: "Man wird nicht routinierter"

Aschersleben - Ganz allein saß er in der Ecke. Frank Seifert wirkte irgendwie abwesend. Zu Pullover und Jeanshose trug er noch immer Badelatschen. Im Ballhaus wurde mittlerweile schon das Licht gedimmt. Viele Menschen befanden sich nicht mehr in der Halle. Ein paar Verwandte und Freunde von Spielern, mehr nicht. Und eben Frank Seifert, zusammengekauert, mit dem Handy am Ohr.
Ob Freundin Susi, die am Ende der Leitung war, den Rückraumspieler nach der erschütternden 34:35-Niederlage gegen Zwickau aufheitern konnte? „Nee.“
Jahrzehntelang Herzblut
Der 26-Jährige wollte einfach nicht wahrhaben, was wenige Minuten zuvor geschehen war. „Ich habe den ganzen Abend noch gegrübelt“, sagt Seifert, „auch zu Hause, als ich im Bett lag.“ Immer wieder spielten sich die entscheidenden letzten Sekunden vor seinem geistigen Auge ab. Und Frank Seifert dachte oft: „Hättest du ihn nur umgehauen.“ Er meint den Zwickauer Adam Krejcirik - den Siegtorschützen der letzter Sekunde.
Natürlich hat der HC Aschersleben die Partie nicht explizit in den letzten Sekunden verloren. Doch das Tor von Krejcirik hatte sich eingeprägt. Auch bei Frank Seifert senior. „Mit einem Augenblick, war die ganze Arbeit der letzten Wochen dahin“, meint er. „Wenn ich jetzt daran denke“, so der Co-Trainer weiter, „wird mir immer noch ein bisschen schlecht.“
Was sich Samstagabend im Ballhaus abgespielt hat, war nicht nur der Vielleicht-Abstieg eines ehemaligen Zweitligisten. Es war auch eine kleine Familientragödie.
Denn wer in Aschersleben von Handball spricht, der redet unweigerlich auch über Familie Seifert. Pit und Frank junior haben im Männerbereich - mit einer halbjährigen Ausnahme von Frank beim Landsberger HV - bei keinem anderen Verein gespielt. Frank Seifert senior ist ehemaliger Spieler und aktueller Co-Trainer. Jahrzehntelang Herzblut hat er mittlerweile in den Verein gesteckt. „Für ihn“, meinte Kreisläufer Erik Straßburger nach der Partie, „tut es mir am meisten leid.“
Denn Frank Seifert senior ist für die Mannschaft nicht nur ein Co-Trainer. „Er hat für uns alles möglich gemacht“, meinte Straßburger, „und wir danken es ihm so.“
Endgültig entschieden ist aufgrund der Ende Mai stattfindenden Drittliga-Relegation mit der HG 85 Köthen noch immer nichts, doch für den HC Aschersleben könnte es der dritte Abstieg in den letzten vier Jahren sein. „Man wird dabei aber nicht routinierter“, meint Frank Seifert junior.
Zumal sich die Abstiege eklatant unterscheiden. Vor vier Jahren ging es von Liga zwei in Liga drei. Es war zu verschmerzen, da die 2. Liga „eh nur ein Abenteuer war“, wie Frank Seifert junior zugibt. Im vergangenen Jahr folgte dann der Sturz in die Mitteldeutsche Oberliga. Auch das musste zum damaligen Saisonstart einkalkuliert werden. „Doch jetzt“, meint der Rückraumspieler, „hat keiner damit gerechnet.“ Und: „Der Kader ist eigentlich auch zu stark.“ Frank Seifert junior fällt ein deutliches Urteil: „Absteigen ist immer beschissen, aber dieses mal ist es völlig beschissen.“
Etwas aufgeräumter wirkt derweil Frank Seifert senior, wenn er über das Geschehene spricht. „Es ist schade, dass die Mannschaft sich für den Kampf der letzten Wochen nicht belohnt hat“, sagt der Co-Trainer, „aber es muss auch jetzt irgendwie weitergehen.“
Die kleine Ablenkung
Das was passiert ist, lässt sich halt nicht mehr ändern. Nun heißt es abwarten. Auf die Relegation der HG 85 Köthen. Oder den Verband. Denn auch eine Aufstockung der Oberliga ist nicht unmöglich.
„Aber aktuell“, sagt Frank Seifert junior, „ist noch viel unklar.“ Er klingt dabei ein wenig außer Atem. „Ich spiele gerade mit meiner Tochter“, meint der Rückraumspieler. Er klingt glücklich. „Die Kleine macht mich fertig“, sagt er, „wenn man Beschäftigung hat, denkt man nicht so viel nach.“ (mz)
