Handball Handball: Das Feld von hinten aufgerollt

bernburg/MZ - Es ist alles andere als alltäglich, dass das Schicksal einer Mannschaft von einer einzigen Spielerin abhängt. Bei den Handballerinnen des TV Askania Bernburg gibt es diese seltene Konstellation, denn mit Stefanie Beyer steht und fällt vieles beim Sachsen-Anhalt-Ligisten. Die Nachricht vom Kreuzbandriss der besten Schützin dieser Spielklasse in der Saison 2011/12 traf deshalb sowohl Trainer Yves Luthe als auch Beyers Teamkolleginnen Ende August bis ins Mark. Statt die Favoriten auf den Aufstieg zu ärgern und im oberen Tabellendrittel mitzumischen, stand plötzlich der nackte Existenzkampf auf dem Programm, denn mindestens vier Vereinen aus dem 13er Feld drohte der Abstieg in die Bezirksliga.
„Nicht nur Steffi fehlte uns. Auch Torfrau Patricia Hoffmann und Abwehrchefin Nicole Ketzer fielen einige Wochen verletzungsbedingt aus. Ketzer und Tine Farkas haben kein einziges Spiel in der Rückrunde bestritten. Die Mannschaft hat alles gegeben, um die Ausfälle so gut wie möglich zu kompensieren. Auch ohne Steffi hat sich das Team nach einem schwachen Beginn gefangen und sich ganz allmählich aus dem Keller herausgearbeitet“, lautete das Fazit von Trainer Luthe, der sich in der Endabrechnung sogar über einen fünften Platz seiner Schützlinge freuen durfte.
Auf diese Platzierung wagten im Spätherbst 2012 nur die kühnsten Optimisten zu hoffen. Mit drei Punkten aus den ersten sieben Begegnungen saß die Askania-Sieben im Keller fest. Mit drei Siegen in Serie, davon zwei ohne Beyer, gelang den Bernburgerinnen jedoch noch vor dem Weihnachtsfest der Befreiungsschlag. In der Rückrunde rollten die Saalestädterinnen das Feld von hinten auf. Die Schützlinge von Yves Luthe gaben nur vier Zähler ab, kassierten ihre letzte Niederlage am 3. Februar beim 23:28 beim späteren Meister Buna Schkopau und blieben in den folgenden zehn Begegnungen ungeschlagen (acht Siege, zwei Unentschieden).
„Die vielen nötigen Umstellungen zu Beginn des Spieljahres haben keine konstanten Leistungen zugelassen. Die Mannschaft hat sich dann aber auch insgesamt im Saisonverlauf gesteigert. Wenn Steffi auf der Platte stand, konnten alle Mädels plötzlich 20 Prozent mehr Leistung abrufen“, erzählte Luthe, der die überragende zweite Halbserie jedoch nicht nur allein an Beyer festmachen wollte. „Wir haben zwei Kombinationen einstudiert, die voll eingeschlagen haben. Die Laufwege haben mit zunehmender Saisondauer immer besser gepasst. Ich habe mich sehr gefreut, dass die Mädchen die im Training einstudierten Spielzüge auch im Wettkampf auf das Parkett bringen konnten.“
So verwandelte sich das Kellerkind plötzlich in den Meistermacher. Die Bernburgerinnen raubten dem SV Irxleben durch den 31:19-Triumph – in der Hinrunde ging die Askania-Sieben gegen den selben Kontrahenten mit 20:30 unter - die letzte Chance auf den Titel und verdarben durch den 28:25-Erfolg der bis dahin vorn liegenden SG Seehausen die Meisterfeier. „Für diesen Erfolg haben wir vom MSV Buna Schkopau, der dadurch Staffelsieger geworden ist, eine Kiste Sekt bekommen“, erzählte Luthe. Da Schkopau und Haldensleben II für die Mitteldeutsche Oberliga nicht gemeldet hatten, ist die SG Seehausen als Tabellen-Dritter trotzdem aufgestiegen.
Der Sprung in die vierte Liga ist für die Saalestädterinnen trotz der überragenden Rückrunde in der nächsten Saison kein Thema. Neuzugänge sind nicht in Sicht. Auch Luthe möchte etwas kürzer treten. „Ich habe demnächst noch weniger Zeit. Mein ältester Sohn Vincent spielt mit dem HFC immer am Samstag. Bennet ist beim SV Anhalt in der D-Jugend aktiv. Deswegen wird Claus Luther den Trainerstab verstärken“, so Luthe, für den eine Zusammenarbeit mit dem SV Anhalt der richtige Schritt wäre, um den Frauenhandball in Bernburg voranzubringen.