Grundschule Nienburg Grundschule Nienburg: Eltern kämpfen für mehr Lehrer

Nienburg - „Miteinander für die Zukunft lernen“ - dieses Leitmotto der Nienburger Grundschule kann derzeit nur sehr eingeschränkt realisiert werden. Denn die personellen Engpässe haben in dieser Woche alarmierende Ausmaße angenommen. Nur noch vier Lehrkräfte stehen für acht Klassen zur Verfügung. Das Dilemma, dass freigewordene Stellen nicht nachbesetzt werden konnten, ist durch eine Krankheitswelle noch verschärft worden.
Mit Folgen für die Kinder: Klassen mussten zusammengelegt werden. Die sechste Unterrichtsstunde kann in dieser Woche nicht mehr erteilt werden, der Hort übernimmt die Betreuung bis 13 Uhr, denn laut Bildungskonzept der Schule gilt solange die tägliche verlässliche Öffnungszeit.
Das geht aus einem Schreiben von Angelique Pabel hervor, das der MZ vorliegt, und das sich an die Eltern der 164 betroffenen Erst- bis Viertklässler richtet. Die Lehrerin ist Ansprechpartnerin vor Ort an vier von fünf Wochentagen - eine reguläre Schulleiterin gibt es seit Sommer nicht mehr, als Angelika Meier in den Ruhestand gegangen ist.
Seitdem muss Anke Thiele, eigentlich Chefin der Grundschule Könnern, die Geschäfte in Nienburg kommissarisch mit führen, jeden Donnerstag ist sie dafür vor Ort. Für die MZ war sie nicht erreichbar. Und Angelique Pabel wollte auf Anfrage zum Personalengpass keine Stellung nehmen.
Kommune springt fürs Land ein
Anders als Bürgermeisterin Susan Falke (parteilos). Neben einer Langzeiterkrankten sind vier weitere Lehrerinnen dienstunfähig, sagte sie. Zudem seien eine Lehrerin und eine Pädagogische Mitarbeiterin jetzt in den Ruhestand gegangen. Die Kommune habe infolge dessen ihre Bereitschaft zur Hilfe bei der Betreuung der Schüler angeboten und die Wochenarbeitszeit von acht Hortnerinnen und einem Erzieher erhöht, worüber diese nicht unglücklich seien.
Die Kinder würden derzeit viel die Sporthalle nutzen. „Sicher ist das nur Bewegungs- und Beschäftigungstherapie, aber auch bei uns war früher in der Woche der Zeugnisausgabe der Unterricht nur noch eingeschränkt“, will das Stadtoberhaupt die Angelegenheit nicht dramatisieren. „Ich hoffe, dass sich die Gemüter wieder beruhigen“, sagte Susan Falke.
Stadt will Mehrausgaben vom Land zurückhaben
Die vom Stadtrat abgesegneten Mehrkosten, die Nienburg durch die zusätzlichen Arbeitsstunden im Hort vorerst tragen muss, „stürzen uns nicht ins Unglück“. Wie hoch sie genau sind, lasse sich momentan noch nicht abschätzen. Sicher ist, dass die Kommune diese Ausgaben vom Land, das seine Aufgaben nicht erfüllen kann, zurückhaben will: „Da bleibe ich dran“, kündigte die Bürgermeisterin an. Dies stehe aber nicht im Vordergrund: „Jetzt geht es erstmal um die Kinder.“
Wenn nach den Winterferien am 13. Februar wieder der Unterricht beginnt, wird die Personallage vermutlich nur unwesentlich besser sein. Bei einer Krisensitzung am Donnerstagmorgen mit einem Referenten des Landesschulamtes erfuhr Elternvertreterin Alice Jahn, deren Tochter die erste Klasse besucht, dass zwei der derzeit kranken Lehrerinnen zurückerwartet werden. Die beiden ruhestandsbedingt freiwerdenden Stellen werden allerdings nicht nachbesetzt, ist dem Schreiben von Angelique Pabel an die Eltern zu entnehmen. Eine erneute Veränderung des Stundenplans ist darin angekündigt, Musikunterricht soll weiterhin nicht erteilt werden.
Kommt noch ein Musiklehrer?
Auf Initiative von Annett Göth hatte ein Eltern-Brandbrief mit 152 Unterschriften im September 2016 den neuen Bildungsminister Marco Tullner erreicht (die MZ berichtete). In dem Schreiben war unter anderem darauf hingewiesen worden, das seit Sommer 2015 kein ausgebildeter Musiklehrer mehr an der Schule ist und mehrere Eltern deshalb ihre Kinder von der Musikschule Bernburg auf eigene Kosten unterrichten lassen.
Tullner hatte in seiner Antwort zugesagt, dass ab dem zweiten Schulhalbjahr eine Lehrkraft gestellt wird - notfalls durch einen Lehrertausch. Ob er dieses Versprechen halten kann, ist derzeit offen. Laut Stefan Thurmann, Sprecher des Landesbildungsministeriums, habe sich auf die im November ausgeschriebene Musiklehrer-Stelle leider niemand beworben.
Aktuell würden aber Einzelgespräche mit Musiklehrern geführt, die bei Bewerbungen in anderen Schulen im Land nicht zum Zuge gekommen waren. Wann und ob dies zum Erfolg führt, sei noch nicht absehbar. Thurmann räumte ein, dass die Situation in Nienburg „nicht ganz so einfach ist“.
Im Vorjahr seien in Sachsen-Anhalt 729 Lehrer eingestellt worden - ein neuer Rekord. Für 2017 sei geplant, noch einmal bis zu 700 weitere Stellen auszuschreiben, vor allem dort, wo die Not am größten sei. Für Nienburg treffe das sicher zu. (mz)