Fußball Fußball: Der Knipser für die ganz entscheidenden Treffer
ASCHERSLEBEN/MZ. - Die 89. Minute läuft. Noch einmal der Antritt aus dem Mittelfeld. Auf der linken Seite setzt sich währenddessen Enrico Hoyer gegen zwei Mann durch. Sein Schuss hält Mark Mewes in größter Not. Tino Borris steht mittlerweile aber da, wo ein Stürmer stehen muss. Diesmal behält er die Nerven. Sein Schuss zum späten 1:1-Ausgleich bescherte den Fußballern des Landesligisten 1. FC Aschersleben einen Punkt gegen den VfB Ottersleben. Mit diesem Teilerfolg hatte im Vorfeld keiner gerechnet. Seine persönliche Bilanz hat Tino Borris auf fünf Tore ausgebaut. Damit ist er der gefährlichste Stürmer beim Club. Und das kommt nicht von ungefähr.
Sein Trainer Klaus Gebhardt zieht, um Tino Borris zu beschreiben, einen netten Vergleich heran - den mit Bayern-Torjäger und Nationalstürmer Miroslav Klose. "Absolut explosiv", findet Gebhardt vor allem den Antritt seines Stürmers. In der Tat: Auf den ersten Metern hält ihn kaum ein Abwehrspieler in der Liga. Und wenn er den Ball erst einmal hat, dann ist das nicht die schlechteste Option im Spiel des FCA. Ähnlich wie Klose ist Tino Borris nicht unbedingt für seine Kaltschnäuzigkeit bekannt, wohl aber hat er den Blick für seine Mitspieler. Außerdem macht er mitunter die entscheidenden Tore. Eben so wie am vergangenen Samstag gegen den ehemaligen Spitzenreiter der Staffel Nord, der letztlich mit dem Punkt auch noch gut bedient war.
Eins fällt aber auch auf: Tino Borris konnte sich, anders als Klose, bisher nicht mit dem Kopf auszeichnen. Das scheint allerdings auch dem Spiel der Ascherslebener geschuldet zu sein. Zu selten wurden der 25-Jährige oder Hoyer bisher mit Bällen von den Außenbahnen gefüttert. "Dahingehend haben wir noch Reserven, müssen noch flexibler werden", sagt Borris, der eigentlich zufrieden sein kann mit dem bisherigen Abschneiden seines Teams. Schließlich ist es dem FCA nicht so ergangen wie beispielsweise dem Schackstedter SV vor zwei Jahren, oder dem 1. FSV Nienburg vor einem Jahr. Für beide Mannschaften war der Sprung in die Landesliga zu hoch.
Die Geschwindigkeit sei höher, man bekomme weniger Chancen, hat Borris mittlerweile erkannt. Den Klassenerhalt hält der Stürmer angesichts der zuletzt gezeigten Leistungen dennoch für realistisch. "Wenn alles passt, können wir jede Mannschaften schlagen", sagt Borris. In erster Linie sei das erste Jahr aber für das Sammeln von Erfahrungen gedacht. Die muss Borris noch machen. Zwar hat er im Nachwuchsbereich beim 1. FC Aschersleben bereits in der Verbands- und Landesliga gespielt. Nach der Insolvenz war aber an höherklassigen Fußball nicht zu denken.
Borris, aufgewachsen in Harkerode, ist einer der Spieler, die dem Club in den vergangenen Jahren die Treue gehalten haben. Neben dem 25-Jährigen dürfen sich nur noch Steven Gröper und Christian Laßbeck als Männer der ersten Stunde nach dem "großen Bruch" bezeichnen. Selbst Steven Busch zog es für ein Abenteuer weg vom Club. Die drei Akteure sind indes an der Seite von Klaus Gebhardt von der Kreisklasse bis aktuell in die Landesliga marschiert. In dieser Zeit hat sich Borris "von Jahr zu Jahr gesteigert", wie Gebhardt sagte. Er sei zu einem Führungsspieler geworden. Dem Anspruch wird er mittlerweile auch gerecht, wie sein Trainer findet. "Tino findet viele positive Worte auf dem Platz." Daneben sei er eher der ruhige Typ.
Allerdings kann Tino Borris, gelernter Modellbauer in einer Gießerei, mit seinen 25 Jahren noch nicht an seinem Leistungsmaximum angekommen sein. Insbesondere die Arbeit in der Defensive scheint er derzeit noch als notwendiges Übel zu sehen. Hin und wieder trennt er sich zu spät vom Ball, was wiederum schlecht für die Offensivbemühungen ist. An allem werde er arbeiten, versprach er aber. Schließlich "weiß er, worum es geht", sagt sein Trainer Gebhardt.