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Existenz in Ilberstedt Existenz in Ilberstedt: Das Dorfleben hat Priorität

Von Sabine Herforth 16.11.2016, 14:30
Iris Grahl steht im Konsum täglich an der Kasse und und kann nahezu alle Kunden mit Namen begrüßen. Weil es keinen Bäcker mehr gibt, sind vor allem die frischen Brötchen beliebt bei den Ilberstedtern.
Iris Grahl steht im Konsum täglich an der Kasse und und kann nahezu alle Kunden mit Namen begrüßen. Weil es keinen Bäcker mehr gibt, sind vor allem die frischen Brötchen beliebt bei den Ilberstedtern. Engelbert Pülicher

Ilberstedt - Morgens frische Brötchen, zum Kaffee ein Stück Kuchen oder auch ein Päckchen Soßenbinder für den Sonntagsbraten. - Im Konsum in Ilberstedt bekommen die Anwohner alles, was sie täglich brauchen. Doch der kleine Dorfladen hat es schwer. So schwer, dass Reimund Grahl zeitweise keinen anderen Ausweg mehr sah, als das Geschäft aufzugeben.

Keine neuen Kunden dazu gekommen

In den vergangenen Jahren seien über 100 seiner Stammkunden im Ort verstorben. Es kommen kaum neue nach. Ein Problem, dass für den Geschäftsführer nicht zu lösen ist. Denn „wir haben ja kaum Laufkundschaft“, sagt der 63-Jährige.

Für die Menschen im Ort ist der Laden aber mehr als nur ein Geschäft. „Vor allem für die Älteren ist es ein Ort der Begegnung“, weiß Grahl, dass in seinem Geschäft täglich soziale Kontakte gepflegt werden. Eine Kundin würde täglich eineinhalb Kilometer mit dem Rollator zurücklegen, nur um hier einzukaufen und Unterhaltungen zu führen, verrät Grahl.

Und genau das sei der Grund, warum er um den Erhalt des Konsums kämpfe. „Wir wollen noch ein Weilchen durchhalten“, sagt er.

Bürgermeister setzte auch mit sich ein

Dass sich zum 31. Dezember nicht für immer die Türen schließen, dafür setzte sich auch Bürgermeister Lothar Jänsch ein, der mit dem Laden stark verbunden ist. Er selbst kaufte das Gebäude nach der Wende mit seiner Frau und betrieb den kleinen Markt zunächst einige Jahre selbst.

Später übernahm dann Reimund Grahl mit seiner Frau Iris und mietete die Räume an. „Da war es einfach, einen Konsens zu finden“, erklärt Jänsch. Die Lösung ist denkbar einfach, wenn auch nicht selbstverständlich. Die Miete wurde halbiert, um den wirtschaftlichen Druck zu erleichtern.

„Wir sind froh, dass wir einer der wenigen Orte sind, die noch so einen Laden haben“, sagt Jänsch. Dieser ermögliche vor allem den Senioren, die hier täglich einkaufen, sich bestmöglich selbst zu versorgen. Deshalb habe es die Bewahrung des Ladens für ihn Priorität. Im Notfall hätte er sich auch selbst wieder hinter die Theke gestellt, berichtet Jänsch.

Reimund Grahl kämpft weiter

„Wir müssen jetzt sehen, wie es weiter geht. Wir sind gewillt weiter zu machen“, gibt sich auch Reimund Grahl kämpferisch. Seit 18 Jahren betreibt er den Laden und möchte auch, dass das so bleibt. „Die Ilberstedter sind soweit zufrieden“, weiß er. Dennoch versuche er, Wege zu finden, die Wirtschaftlichkeit des Dorfladens weiter zu verbessern.

So wurde Anfang des Jahres die Verkaufsfläche um gut ein Drittel verkleinert, um Energie und Heizkosten zu sparen. Gleichzeitig wurde die Warenmenge reduziert. „Wir verkaufen hier Lebensmittel. Man muss ja nicht mehr Waren vorhalten als nötig“, meint Grahl und: „Die Leute wollen ja auch frische Waren.“

Öffnungszeiten anpassen

Ab Januar ist zudem geplant, die Öffnungszeiten anzupassen. „Öffnungszeit kostet auch Geld“, macht Reimund Grahl deutlich. Deshalb soll das Geschäft künftig in frequenzschwache Zeiten geschlossen bleiben.

Lothar Jänsch ist zufrieden mit der Lösung und betont, wie wichtig der Konsum für Ilberstedt ist: „Wenn der Konsum zu macht, kann der Fleischer auch zu machen. Das funktioniert nur gemeinsam.“ (mz)