Mäh! Ein Lamm, zwei Hunde: Yvonne und Dieter Kienast aus Hoym

Hoym - Die Hundetruppe, die abenteuerlustig durch den Garten zieht, sieht ein bisschen seltsam aus. Von der Farbe her unterscheiden sich die Tiere kaum, aber irgendwas stimmt nicht.
Und da, ein lautes Meckern zeigt: Locke ist gar kein Hund. Der Vierbeiner, der mit Bruno, dem Labrador-Eurasier-Mix, und Lotti, der Beagle-Pinscher-Mischlingsdame, umher stromert, ist nämlich ein Kamerunschaf. Zarte zwei Wochen alt. Und von seiner neuen Familie vor dem sicheren Tod gerettet.
Familie fand das Lamm neben dem sterbenden Mutterschaf
„Bei einem Spaziergang haben wir die Mutter entdeckt, die im Sterben lag - und das Kleine, eng drangeschmiegt, hat geschrien“, erzählt Dieter Kienast. Am nächsten Tag wäre es wohl auch tot gewesen. „Das haben wir einfach nicht übers Herz gebracht“, gesteht der Hoymer. Also fragte das Ehepaar den Besitzer der Herde, ob es das verwaiste Lämmchen aufnehmen darf.
Nun ziehen die beiden das Tierchen mit der Flasche auf. Locke, ein kleiner Bock, ist inzwischen vollwertiges Mitglied der Familie. Entweder ist er mit den beiden Hunden unterwegs. „Das ist jetzt seine neue Herde“, sagt Kienast und lacht. Oder er schaut neugierig unter dem Schreibtisch hervor.
Denn der frischgebackene Schafbesitzer ist nicht nur Hoyms Ortsbürgermeister, sondern von Berufs wegen auch Architekt. Und so ist das Kamerunschaf eben auch im Büro dabei. Meist schmiegt es sich dort unter dem Schreibtisch eng an die Beine von Yvonne Kienast, denn die 47-Jährige, die im Büro mitarbeitet, ist die engste Bezugsperson.
Das Lamm weicht Yvonne Kienast nicht von der Seite
Die neue Mama sozusagen. Das merkt das Paar ebenfalls, wenn es abends mit den Hunden – und natürlich auch dem Familienzuwachs – durch Hoym spaziert. „Locke geht bei meiner Frau immer bei Fuß und ist nie weit weg.“ Die freut sich über die Unbeschwertheit des kleinen Lämmchens.
„Das buckelt jetzt und springt immer hoch“, erzählt sie von den Sprüngen, die auch für kleine Ziegen so typisch sind. Und nach dem Spaziergang sei das Tier so geschafft, dass es dann die ganze Nacht durchschlafe. „Zum Glück“, sagt die Hoymerin, die das Fläschchen dann erst wieder am nächsten Morgen geben muss und damit ruhige Träume hat.
Lamm fühlt sich im naturnahen Garten von Familie Kienast wohl
„Ab drei Wochen gibt es ein bisschen Heu dazu, ab sieben Wochen stößt die Mutter es dann langsam ab“, erklärt Dieter Kienast den normalen Werdegang. Der 55-Jährige kennt sich inzwischen aus. „Wir hatten“, erzählt er nämlich, „schon einmal Kamerunschafe, die durch den Garten liefen.“
Der ist naturnah gestaltet und ein kleines Paradies, das zum Tag der offenen Gärten auch von der Allgemeinheit bestaunt werden darf. Die Naturoase hat ein riesiges Insektenhotel, einen kleinen Hühnerhof, Laufenten. Sogar seinen eigenen Honig macht das Ehepaar.
Im vergangenen Jahr hatten die Hobby-Imker sechs Wirtschaftsvölker, vier Ableger und weitere zwei Schwärme. Zudem gibt es in dem Garten auch einige pflanzliche Raritäten, wie etwa eine Tibetanische Kirsche oder eine Kupfer-Felsenbirne. Mit Eiern, Gemüse und Obst kann sich die Familie gut selbst versorgen – naturnah und ohne Chemie. Nur die Tiere werden nicht gegessen. „Das könnten wir einfach nicht.“
Und auch Locke, der als Kamerunschaf eine Haarschafrasse und eigentlich ein Schlachttier ist, wird bei Kienasts ein schönes und langes Leben haben. Schließlich hat das Paar das Tier nicht umsonst gerettet.
„Es ist inzwischen völlig sozialisiert hier“, sagt der Architekt. Und wenn er mit seiner Frau am Wochenende zu seinen Eltern fährt, kommt das kleine Lamm im Auto mit. „Natürlich. Die Hunde sind ja schließlich auch dabei.“ (mz)