Basketball 1. Regionalliga Nord Basketball 1. Regionalliga Nord: Tigers-Niederlage im Spitzenspiel

Aschersleben - Michael Canty stand etwas abseits auf dem Parkett und schaute sich um. Einige Mitspieler dehnten sich noch, andere waren bereits im Kabinengang verschwunden. „Wenn ich mir die Jungs so angucke“, meinte Tigers-Spielmacher Canty, „dann bin ich stolz. Wir haben heute alle einhundert Prozent gegeben und bis zum Ende gekämpft, das sieht man uns jetzt auch an.“ Beim Blick in die Gesichter von Spielern, Fans und Verantwortlichen kam aber auch noch ein anderes Gefühl zum Ausdruck: Enttäuschung. Denn soeben hatten die Aschersleben Tigers das Spitzenspiel der 1. Regionalliga Nord mit 86:99 gegen die Herzöge aus Wolfenbüttel verloren.
Plötzliche Schwächephase
Es war eine packende Partie, die den 700 Zuschauern im prall gefüllten Ballhaus geboten wurde. Eine „über 40 Minuten attraktive Begegnung“, wie Tigers-Trainer Michael Opitz später meinte. Ein Spiel, in dem die zweitplatzierten Aschersleben Tigers den ungeschlagenen Tabellenführer Wolfenbüttel zu Gast hatten - und am liebsten zu Fall bringen wollten.
Nach den ersten zehn Minuten des Spitzenspiels sah es tatsächlich so aus, als könnte das gelingen. Die Gastgeber führten mit drei Punkten (22:19). Andrew Jones, der leicht angeschlagen ins Spiel ging, verwandelte zwei Dreipunktwürfe mit der Hand seines Gegenspielers im Gesicht. Mads Rasmussen erzielte sechs der ersten zehn Tigers-Punkte und konnte außerdem Wolfenbüttels Spielertrainer Demetrius Ward hervorragend verteidigen. Beide Mannschaften wussten das Tempo des Spiels zu bestimmen, nahmen in den richtigen Phasen das Tempo heraus oder zogen es an - und zögerten nicht. Sobald sich ein halbwegs offener Wurf andeutete, flog das Spielgerät in Richtung Korb. Ausdruck des Selbstvertrauens, das sich Aschersleben und Wolfenbüttel in den vergangenen Wochen erarbeitet haben.
Dass Michael Canty, im Sommer aus Magdeburg nach Aschersleben gewechselt und am Samstagabend mit 19 Punkten bester Werfer des Teams, im Nachhinein trotzdem davon sprach, dass die Gastgeber die erste Halbzeit verschlafen hätten, lag an einer Schwächephase Mitte des zweiten Viertels. Die Herzöge brillierten während eines 14:0-Laufs.
Der bis dahin wenig überzeugende Demetrius Ward versenkte zwei Dreipunktwürfe hintereinander, der Norweger Nikolas Skouen präsentierte sich treffischer. Schon zur Halbzeit standen 19 Zähler auf seinem Konto. „Er hat sich in einen Rausch gespielt“, meinte Wolfenbüttels Geschäftsführer Nicolas Grundmann, ehe er sagte: „Der Schlüssel zum Sieg lag für uns in der ersten Halbzeit, als wir die Tigers defensiv vor Probleme gestellt haben.“ Zur Pause führten die Gäste, die von ihrem knapp 50 Zuschauer starken Fan-Block lautstark unterstützt wurden, mit 17 Punkten (39:56).
Was schon nach 20 Minuten auffiel: Wolfenbüttel erlaubte sich weniger Ballverluste als Aschersleben. Zur Halbzeit waren es beim Tabellenführer lediglich drei, beim Zweiten dagegen zwölf. Am Ende hatten die Tigers das Spielgerät 15 Mal öfter verloren als die Herzöge. „In den engen Phasen haben wir oft den Ball weggeschmissen“, musste Tigers-Manager Alexander Rolle bilanzieren, „und sich immer wieder heranzukämpfen, das zehrt irgendwann auch an den Kräften.“
Aschersleben versuchte es trotzdem, gab sich zu keinem Zeitpunkt geschlagen. Das Motto, unter das der Fanclub die Partie mit seinem Banner „Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren“ gestellt hatte, wurde von den Spielern verinnerlicht. Vor allem Aufbauspieler Canty zog zu Beginn des dritten Viertels erfolgreich zum Korb, nutzte seinen Schnelligkeitsvorteil gegen Demetrius Ward. „Unser Wurf hat heute ganz gut gesessen“, sagte Coach Opitz, meinte aber auch: „Wolfenbüttel hatte das Wurfglück gepachtet. Sie hatten sensationelle Quoten.“ Vor allem aus der Distanz trafen die Gäste besser.
Abgeklärte Schlussphase
Vier Minuten vor dem Ende des Spitzenspiels sah es trotzdem noch einmal so aus, als könnte Aschersleben den neunten MTV-Sieg im neunten Saisonspiel ernsthaft gefährden. Nur vier Punkte trennten die Kontrahenten (82:86). Doch die Herzöge, bei denen Nikolas Skouen (22 Zähler), Ivan Emanuely (21) und Demetrius Ward (19) die meisten Punkte erzielten, spielten in der Schlussphase unfassbar abgeklärt - und sorgten so für die zweite Tigers-Niederlage der Saison.
„Ich gönne ihnen den Sieg“, meinte Topscorer Michael Canty, „sie haben heute vielleicht 15 Prozent besser verteidigt als wir und jeden Fehler bestraft.“ Die Tigers spielten ebenfalls wie ein Spitzenteam. Aber: „Wolfenbüttel“, sagte Michael Canty zum Abschied, „war heute einfach noch besser.“
(mz)