Stadtverwaltung 17-Jährige aus Armenien wird im Rathaus in Nienburg ausgebildet
Anna Petrosyan strebt einen Abschluss als Verwaltungsfachangestellte an - und beeindruckte im Bewerbungsgespräch die Bürgermeisterin.

Nienburg/MZ - Schnell merkt man bei Anna Petrosyan, dass es eine selbstbewusste junge Frau ist. Und sie hat einen charmanten Humor, wenn sie erzählt, dass ihre erste Begegnung mit der Sekundarschule „Campus Technicus“ sie zweifeln ließ, ob der Wunsch der Eltern aufgeht, in Deutschland eine gute Bildung zu bekommen.
Doch nicht lange und die aus Armenien stammende Anna Petrosyan wechselte auf das Gymnasium. Und nach der 11. Klasse ging sie ab und ist nun seit dem 1. August Auszubildende in der Stadtverwaltung Nienburg. Ihr Ziel ist der Abschluss als Verwaltungsfachangestellte und wenn es dann klappt, würde sie auch hier bleiben.
Der Grund, warum sie an die Bernburger Sekundarschule kam, war, dass ihr Deutsch damals nicht ausreichte für mehr. „Es war nicht mehr drin“, sagt die heute 17-Jährige. Mit elf Jahren ging es aus Armenien in Richtung Deutschland.
Der Grund: Die Familie hat deutsche Vorfahren - genauer gesagt eine Urgroßmutter - und die Bundesregierung ermöglichte, dass zu diesem Zeitpunkt Aussiedler nach Deutschland kommen konnten. „Meine Mutter hörte davon und leitete alles in die Wege für unsere ganze Familie“, so Anna Petrosyan.
Die Urgroßmutter von Anna Petrosyan kam aus Deutschland
Es sei ein recht große Familie. In Armenien habe sie nun keine Verwandten mehr. Allerdings will sie nicht alle Brücken abbrechen zu dem Land, in dem sie aufgewachsen ist. Im nächsten Jahr ist Urlaub dort geplant.
Dass sie gerade zu einer Zeit kamen, als die Flüchtlingswelle Deutschland überrollte, war freilich nicht geplant. Davon habe man erst später erfahren. Doch zu spüren war es schon. Als die Familie ins Aufnahmelager Friedland ankam, habe ihr Vater gesagt: „Lasst uns die Tickets holen. Wir fahren zurück.“
Doch die Familie blieb und landete schließlich in Bernburg. In ihrer Heimat war sie auf eine Einrichtung des Goetheinstitutes gegangen. „Bis auf ein paar Worte und Zahlen lernte ich da noch nicht viel. Ich konnte sagen, wie alt ich bin und woher ich komme“, erzählt Anna.
Dass da Nachholbedarf war, stellte sie schnell fest, als sie in die Sekundarschule kam. Wer die junge Frau heute reden hört, kann noch einen ganz kleinen Akzent heraushören, aber bei der Formulierung der Sätze kann man nicht glauben, dass sie nicht hier aufgewachsen und Deutsch nicht ihre Muttersprache ist, mit der sie sprechen gelernt hat.
„Ich war vom Auftreten und von dem Gespräch beeindruckt, vor allem, als ich erfuhr, dass sie erst recht kurz in Deutschland war.“
Susan Falke, Bürgermeisterin der Stadt Nienburg (Saale)
Das, so Bürgermeisterin Susan Falke, habe ihr bei dem Bewerbungsgespräch im Jahr 2020 imponiert und letztendlich war es einer der Gründe, warum sie sich für die junge Frau entschied. „Ich war vom Auftreten und von dem Gespräch beeindruckt, vor allem, als ich erfuhr, dass sie erst recht kurz in Deutschland war“, so Susan Falke.
Auch die Einstellung zu der Ausbildung habe gestimmt. Sie hatte das richtige Bild vom Beruf, so die Bürgermeisterin, die oft erfahren muss, dass so mancher, bei dem die Noten gut sind, nicht richtig weiß, warum er den Beruf erlernen will. Bei Anna Petrosyan habe sie den Eindruck gehabt, dass sie gut in die Stadtverwaltung passt. Und die junge Frau hat nach der ersten Vorstellungsrunde auch das Gefühl, dass sie hier in die kleine Familie reinpasst.