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Saisonarbeit Saisonarbeit: Schuften für die Stangen

Von Steffen Höhne und Christian Schafmeister 05.04.2005, 18:47

Kyhna/Halle/MZ. - Wenn in diesen Tagen der erste Spargel über den Ladentisch geht, ist die eigentliche Saison für Normann Schmidt bereits mehrere Monate alt. "Bei uns beginnen die Vorbereitungen jedes Jahr im August mit der Rekrutierung der Arbeitskräfte", berichtet der Produktionsleiter bei der Gemüsebau Kyhna Gbr (Landkreis Delitzsch). Mehr als 350 Saisonarbeitskräfte sind jährlich im Einsatz, die meisten von ihnen kommen aus Polen, wohnen unmittelbar hinter der Grenze bei Görlitz.

Der Job im Nachbarland ist für sie echte Knochenarbeit. Zuerst werden im Januar die Spargeldämme hochgezogen, später mit Folie abgedeckt. "Das ist sehr wichtig, um die Wärme möglichst im Boden zu halten", erklärt Schmidt. Die Arbeiter kommen schon in dieser Phase echt ins Schwitzen: In Kyhna müssen sie schätzungsweise 600 Kilometer Folien verlegen. Und leichter wird die Arbeit im Laufe der Saison keinesfalls. "Bei der Ernte wandern volle Körbe mit zwölf Kilo Gewicht durch die Reihen der Arbeiter."

Gerne greift der Produktionsleiter auf Kräfte aus der Region um Delitzsch zurück - aber derzeit nur im Verkauf. Bei der Ernte und Aufbereitung setzt der Gemüsebau Kyhna indes nach guten Erfahrungen voll auf die polnischen Erntehelfer. Fast 90 Prozent seien Stammkräfte, die Hälfte komme bereits seit 1995 für diesen Knochenjob nach Sachsen, für den die deutschen Behörden achtwöchige Arbeitserlaubnisse ausstellen. Die nutzen polnische Studenten und Ärzte ebenso wie Arbeitslose und Taxifahrer, erzählt Schmidt. Und zu einigen der Arbeiter hätten sich "über die vielen Jahre bereits Freundschaften entwickelt." Diese harte Arbeit, für die deutsche Arbeitslose nach Einschätzung von vielen Betrieben weder körperlich noch von ihrem Willen her in der Lage sind, macht indes laut Schmidt auch Stammkräften Probleme: "Die ersten Tage haben selbst die stets Muskelkater."

Während der aber schnell verfliegt, bleiben die Erfahrungen mit Erntehelfern aus Deutschland schlecht. Die Landwirte bemängeln vor allem "sehr schnelle Krankmeldungen" und "Unzuverlässigkeit" der von den Arbeitsagenturen vermittelten Arbeitslosen. Vergangenes Jahr arbeiteten insgesamt 4 600 ausländische Saisonarbeiter allein in Sachsen-Anhalt. Die Arbeitsagenturen schickten ebenso viele deutsche Arbeitnehmer in Agrarbetriebe - und ernteten für deren Leistung oft Kritik.

Auf dem Obsthof Martin in Zeitz sind indes polnische und ukrainische Helfer bei der Kirschernte im Einsatz. "Ich würde gerne mehr deutsche Arbeitslose beschäftigen", betont Obstbauer Gerhard Martin. "Ich finde nur keine geeigneten." Auf seiner Plantage beschäftigt Martin jährlich rund 20 ausländische Erntehelfer - meist Studenten. Bezahlt werde dabei streng nach Leistung. Ein Zehn-Stunden-Tag sei keine Seltenheit.

Über seine Erfahrungen mit deutschen Erwerbslosen erzählt Martin: "Das Arbeitsamt hat mir mal 44 Arbeitslose vorbeigeschickt. Zwölf meldeten sich davon als Erntehelfer. Nur vier von ihnen haben dann bei der Ernte wirklich voll mitgezogen." Mit einer derartigen Erfolgsquote kann er allerdings nicht planen. "Wer jedoch richtig anpacken will, kann dies bei mir", versichert der Zeitzer Landwirt.