«Sachsenspiegel» «Sachsenspiegel»: Auch altes Gesetzbuch dient als Vorlage für Kunstprojekt
Reppichau/dpa. - Das erste deutsche Gesetzbuch, der "Sachsenspiegel" aus dem Mittelalter, ist in Reppichau im Landkreis Köthen zum Kunstprojekt geworden. Seit 2001 ist der 500 Einwohner zählende Ort, in dem der Autor Eike von Repgow (ca. 1180 bis ca. 1234) geboren wurde, ein einzigartiges Freilichtmuseum.
Überall in der Gemeinde stehen 50 bis zu fünf Meter hohe, bunt bemalte Metallplastiken. Dazu kommt eine Vielzahl von Darstellungen an den Häuserwänden des Dorfes, in denen sich alles um den "Sachsenspiegel" dreht.
Repgow hatte sein Werk zwischen 1220 und 1234 verfasst. Es ist das älteste Prosawerk in deutscher Sprache. Fast 700 Jahre bis zur Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuches am 1. Januar 1900 wurde danach in Deutschland und Osteuropa sowie in den Niederlanden Recht gesprochen.
"Wir haben das historische Gesetzbuch als 'Kunstprojekt Sachsenspiegel' aufgeschlagen", sagt Ulf Schröter vom Vorstand des Fördervereins Eike von Repgow. Die Idee stammt von Bürgermeister Erich Reichert (CDU). Gefördert wird das Projekt vom Land und der EU mit 500 000 Euro. Bislang sahen mehrere tausend Menschen die Werke. "Wir profitieren von der Nähe zu den Unesco-Weltkulturerbestätten in Wittenberg, Dessau und Wörlitz", erklärt Schröter.
Gezeigt werden in Reppichau die im "Sachsenspiegel" beschriebenen Gesetze. Zum Beispiel die Zwei-Schwerter-Lehre, wonach Kaiser und Papst zusammenarbeiten sollen. Oder der Mörder, der mit dem Tod zu bestrafen ist. Geschaffen wurden die Werke vom Kunstschmied Frank Schönemann aus Reppichau und dem Köthener Maler Steffen Rogge. Für dieses Jahr planen die Künstler vier weiter Plastiken.
"Als Vorlagen dienten mittelalterliche Bilderhandschriften, die Jahrzehnte nach Repgows Tod entstanden", sagt Schröter. Heute sind davon nur noch vier der bebilderten Werke erhalten geblieben, die nach ihren Aufbewahrungsorten als Heidelberger, Oldenburger, Wolfenbütteler und Dresdner Bilderhandschrift bezeichnet werden.
"Repgow hat sich die Gesetzte nicht ausgedacht, sondern das bis dahin mündlich überlieferte Gewohnheitsrecht aufgeschrieben und in Landrecht mit insgesamt 234 Artikeln sowie dem damals wichtigen Lehnrecht mit 80 Artikeln unterteilt", erklärt Schröter. Der Name "Sachsenspiegel" stammt von Repgow selbst. Er ging dabei von folgender Überlegung aus: Die Sachsen sollten in dem Buch das Recht so deutlich erkennen wie Frauen ihr Gesicht im Spiegel beschauen.
Die Urfassung in lateinischer und deutscher Sprache ging verloren. Erhalten sind - neben den gedruckten Fassungen sowie den vier Bilderhandschriften - rund 450 handschriftliche Kopien und Fragmente seiner Gesetzestexte.
Auch das moderne Recht basiere noch in großen Teilen auf dem "Sachsenspiegel", sagt Schröter. So habe sich 1988 bei einem Rechtsstreit um einen Baggerfund nahe Lübeck ein Gericht auf einen Rechtssatz des Sachsenspiegels berufen: "Jeder Schatz, unter der Erde begraben tiefer denn ein Pflug geht, gehört der königlichen Gewalt."