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Zu wenig Erzieher Zu wenig Erzieher: Die Probleme der frühkindlichen Betreuung in Sachsen-Anhalt

Von Fabian Albrecht und Max Hunger 25.08.2020, 16:52
In Kitas in Sachsen-Anhalt fehlen Erzieher.
In Kitas in Sachsen-Anhalt fehlen Erzieher. dpa

Magdeburg - Sachsen-Anhalts Kita- und Kindergartenkinder werden laut einer Studie von gut ausgebildeten, aber zu wenigen Erziehern betreut. Das ist das Ergebnis des Bertelsmann Ländermonitorings Frühkindliche Bildungssysteme, das die Stiftung am Dienstag veröffentlichte. Demnach musste in Sachsen-Anhalt im vergangenen Jahr rechnerisch jede Fachkraft in Krippen 5,7 Kinder betreuen. In Kindergartengruppen lag die Quote bei elf Kindern pro Fachkraft.

Damit hat sich Sachsen-Anhalt seit dem vorigen Ländermonitoring leicht verbessert: 2018 hatte noch jede Krippen-Fachkraft 5,8 Kinder betreuen müssen, im Kindergarten waren es 11,2 Kinder. Von einem kindergerechten Verhältnis von Kindern zu Erziehern ist das Land aber laut Bertelsmann Stiftung noch weit entfernt: Das liegt demnach bei einem Verhältnis von drei Krippen-Kindern und 7,5 Kindergartenkindern jeweils pro Fachkraft.

Die Qualifikation der Erzieher ist in Sachsen-Anhalt dafür außergewöhnlich hoch: 86 Prozent des pädagogischen Personals sind als Erzieher ausgebildet. Dieser Wert lag nur in Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern (jeweils 87 Prozent) und Brandenburg (88 Prozent) höher. Bundesweit trifft das laut Bertelsmann nur auf etwa zwei Drittel des Personals zu.

Bei Qualität der Kinderbetreuung steht Sachsen-Anhalt gut da

Nicht nur in der Qualifizierung der Betreuungskräfte, auch beim Anteil der betreuten Kleinkinder steht Sachsen-Anhalt im bundesweiten Vergleich sehr gut da: Nach Angaben des Bundesamts für Statistik von voriger Woche liegen die drei Landkreise mit der höchsten Betreuungsquote für unter Dreijährige in Deutschland alle in dem Bundesland: In den Kreisen Börde, Wittenberg und Salzlandkreis wurden demnach 2019 je gut 62 Prozent der Kleinkinder betreut.

Auch die weiteren Kreise schnitten bei dem Vergleich sehr gut ab: Sechs der zehn Kreise mit den besten Quoten lagen in Sachsen-Anhalt, in 13 der 14 Landkreise und kreisfreien Städte lag die Quote bei über 50 Prozent. Nur die Stadt Halle lag mit 48,9 Prozent knapp darunter und im Ranking der 401 Kreise Deutschlands auf Rang 69.

Kritik an der Personalsituation in Kindergärten und Kitas relativierte das Sozialministerium hingegen. Die Betreuungszeiten lägen in Sachsen-Anhalt deutlich höher als in vielen anderen Bundesländern, hieß es aus Magdeburg. Dementsprechend brauche man auch mehr Personal. Laut Bertelsmann-Studie liegt die durchschnittliche Öffnungsdauer der Einrichtungen in Sachsen-Anhalt bei elf Stunden pro Tag - ein Spitzenplatz im Ländervergleich. „Einen Elf-Stunden-Kitaplatz zu bekommen, ist in Bayern völlig illusorisch“, sagte ein Sprecher. Den Blick nur auf den Personalschlüssel zu richten, sei daher unzureichend.

Fachkräfteoffensive: Bund stellt 140 Millionen bereit

Trotzdem kündigte das Land Maßnahmen an: Um das Verhältnis von Betreuungskräften und Kindern zu verbessern, wollen Land und Bund die Ausbildung zum Erzieher nicht nur kostenlos anbieten, sondern sogar vergüten. Nach Angaben des Landessozialministeriums haben im August 157 angehende Erzieher eine bezahlte Ausbildung in Sachsen-Anhalt begonnen. Weitere sollen folgen.

Das Geld für die sogenannte Fachkräfteoffensive stellt der Bund im Rahmen des Gute-Kita-Gesetzes zur Verfügung. Insgesamt 140 Millionen Euro liegen hier für Sachsen-Anhalt bereit. Auch in Magdeburg blickt man indes besorgt auf die Personalsituation in den Kindergärten und Kitas. „Sachsen-Anhalt steht vor einem Generationswechsel“, sagte Grimm-Benne.

Bundesweit schätzen die Forscher der Bertelsmannstiftung die frühkindlichen Förderung als gefährdet ein. Demnach besuchen fast drei von vier Kindern eine Kita oder eine Krippe mit zu wenig Personal. Viele Einrichtungen könnten ihren Bildungsauftrag so nur eingeschränkt umsetzen, mahnten die Fachleute. „Das darf jetzt in der Corona-Krise nicht aus dem Blick geraten“, sagte Anette Stein, Bildungsexpertin der Stiftung.
Familienministerin Franziska Giffey wies die Kritik zurück: „Millionen Kinder gehen gerne in ihre Kita und werden dort gut betreut und gefördert“, so die SPD-Politikerin. Es sei nicht richtig, derartige Zweifel an der Betreuung zu säen.  (mz)