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US-Armee rastet in Burg US-Armee rastet in Burg: US-Botschafter fordert erneut mehr Geld von Deutschland

Von Hagen Eichler 02.02.2019, 07:00
Botschafter Richard Grenell (M.) am Freitag beim Besuch in der Clausewitz-Kaserne in Burg.
Botschafter Richard Grenell (M.) am Freitag beim Besuch in der Clausewitz-Kaserne in Burg. DPA

Burg - Klobige Fahrzeuge in sandfarbener Lackierung stehen aufgereiht, Motoren bullern in der kalten Luft. In Tarnfleck-Uniformen haben sich Dutzende US-Soldaten für den wichtigen Besucher postiert. Der kommt mit großem Gefolge um die Ecke, in engen Jeans, das Hemd über der Hose, darüber eine glänzende Bomberjacke. An den Füßen trägt er Chucks, wie ein kalifornischer Surfer. Auftritt für seine Exzellenz, den Botschafter der Vereinigten Staaten von Amerika: Richard Grenell.

In der Clausewitz-Kaserne von Burg (Jerichower Land) will der Diplomat US-Truppen besichtigen, die derzeit Richtung Osten verlegt werden. Grenell schüttelt Hände, er fragt, woher die Soldaten kommen. „Arizona? Oh, da sind Sie so ein Wetter hier nicht gewohnt.“ Der befragte Sergeant winkt ab. „Wir sind in Kansas stationiert, das ist schlimmer. Da haben wir den ganzen Tag kalten Wind.“ Grenell lacht, seine Zähne blitzen grellweiß.

Undiplomatisch - Grenell schrieb Droh-Brief an Unternehmen

Der 52-Jährige ist ein Botschafter, wie ihn die Bundesrepublik noch nicht erlebt hat. Er ist der erste offen schwule Mann auf dem Posten, im vergangenen Sommer lief Grenell bei der Berliner Christopher-Street-Day-Parade mit. Vor allem aber ist er einer, der alle Gepflogenheiten der Diplomatie über den Haufen wirft.

Erst vor zwei Wochen drohte er deutschen Firmen mit Sanktionen, sollten sie sich an der Ostseepipeline Nord Stream 2 beteiligen. Grenell gilt als bedingungsloser Fan von Präsident Donald Trump. Direkt nach seiner Ernennung hatte Grenell angekündigt, er wolle von seinem Amt aus konservative Politiker in ganz Europa stärken - in Diplomatenkreisen gilt eine solche Einmischung als unerhört.

Deutschland soll mehr Geld für Militär ausgeben

In der Burger Clausewitz-Kaserne sendet Grenell gleich zwei Botschaften. Die eine geht von den US-Soldaten aus, die derzeit nach Polen und ins Baltikum rollen: Sie sollen den militärisch schwachen Nato-Partnern im Osten beistehen und Russland abschrecken.

Die andere Botschaft richtet Grenell an die Bundesregierung: Er fordert höhere Verteidigungsausgaben. In der Nato vereinbart seien zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts, erinnert er. „Und wir wollen nicht, dass irgendjemand dieses Ziel unterschreitet.“

Deutschland liegt derzeit mit 1,2 Prozent weit darunter. Grenell will das nicht hinnehmen. „Wir bitten nicht Russland und China, ihre Militärausgaben zu erhöhen. Wir bitten unsere Freunde, die Deutschen“, sagt er. Es gehe um die Sicherheit von Deutschland und Europa.

Bereits vierter US-Konvoi in Sachsen-Anhalt

2014 hatten die Staats- und Regierungschefs der Nato-Staaten beschlossen, Truppen Richtung russische Grenze zu entsenden. Es war eine Reaktion auf den Ukraine-Schock: Der Westen hatte mit ansehen müssen, wie Russland einen Teil des Nachbarlands annektierte.

Das westliche Bündnis zeigt seither Präsenz an seiner Ostgrenze. Eine dauerhafte Stationierung von Nato-Truppen ist jedoch untersagt, deshalb rotieren die Truppen. Zum vierten Mal rollt derzeit ein US-Konvoi durch Sachsen-Anhalt. Die Burger Clausewitz-Kaserne, 1937 für die Wehrmacht erbaut und jetzt Standort des Logistikbataillons 171 der Bundeswehr, dient als Ruhelager.

Im Landtag gibt es Kritik

In der Landespolitik ist das durchaus umstritten. Die Linke nennt die Verlegung eine Zuspitzung der Konfrontation zwischen Nato und Russland. Bereits am Vortag hatte die Linksfraktion die Regierungsbefragung im Landtag genutzt, um nachzubohren:

In wieweit hilft Sachsen-Anhalt den Amerikanern? Was kostet das? Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) reagierte überrumpelt. Eine Bitte der Amerikaner um Hilfe sei ihm „nicht erinnerlich“, sagte er.

Haseloff zeigt sich nicht mit US-Armee

Auf dem zugigen Burger Kasernenhof kennt jemand die Details: Generalleutnant Martin Schelleis, Inspekteur der Streitkräftebasis und damit zuständig für Truppenverlegungen. „Ohne die Unterstützung der Bundes- und Landesregierungen könnte die US Army solche Transporte nicht üben“, sagt er.

Man sei sehr dankbar. Einer zeigt sich nicht in Burg: Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU), von der Bundeswehr zwei Tage zuvor angekündigt. Stattdessen vertritt nun Finanzstaatssekretär Klaus Klang (CDU) die Landesregierung.

Grenell und Trump sind oft „traurig“

Vier Schiffe mit Soldaten und Material haben die Amerikaner geschickt. Von Antwerpen geht es durch Belgien und Deutschland. 80 Prozent der Transporte erfolgen auf der Schiene, der Rest auf der Straße - und anders als in den Vorjahren nur bei Nacht. Man wolle verstopfte Straßen „und die Belastung für die Bevölkerung minimieren“, sagt General Schelleis. Burg ist eines von drei Etappenzielen, die die Bundeswehr bereitstellt: zum Ausruhen, Tanken, Essen. Zur Freude der US-Soldaten servieren einige Kantinen unterwegs Bratwurst und Sauerkraut.

Nach seinem Rundgang über den Kasernenhof reist der Botschafter ab. Ihn beschäftigt bereits der nächste Konflikt mit der Bundesregierung: deren Pläne für das Umgehen der US-Finanzsanktionen gegen Iran. „Traurig“, twittert Grenell. Es ist ein Lieblingswort seines Präsidenten. (mz)