Umstrittener Polizeigewerkschafter Umstrittener Polizeigewerkschafter: Rainer Wendt wird Staatssekretär in Sachsen-Anhalt

Magdeburg - Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) holt einen bundesweit bekannten Rechtskonservativen als Staatssekretär in sein Haus. Der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, soll das Amt übernehmen. Die Koalitionspartner SPD und Grüne zeigten sich verärgert.
„Das ist eine schwere Belastung für die Arbeit der Koalition. Rainer Wendt passt nicht zu der Politik, die wir verabredet haben“, sagte der grüne Innenpolitiker Sebastian Striegel.
Wendt folgt Tamara Zie-schang (CDU), die zum 1. Dezember als Staatssekretärin ins Bundesverkehrsministerium unter Andreas Scheuer (CSU) wechselt. Innenminister Stahlknecht sagte, er habe davon am Donnerstag erfahren und zusammen mit Ministerpräsident Reiner Haseloff noch am Abend über die Nachfolge entschieden. „Ich wollte jemanden gewinnen, der die Polizei kennt und bundesweit vernetzt ist“, sagte Stahlknecht der MZ.
Einen politischen Richtungswechsel werde es aber nicht geben, kündigte er an. „Wir werden das Haus seriös weiterführen und Herr Wendt wird die Aufgaben eines Amtschefs erfüllen.“ Konkret soll das heißen, dass sich Wendt rhetorisch mäßigen soll. „Als Staatssekretär hat er Zurückhaltung zu wahren, das weiß er auch. Ich bin derjenige, der politische Botschaften sendet. Sein Arbeitstag beginnt um 8 und endet um 22 Uhr“, sagte Stahlknecht.
Wendt ist bekannt für polarisierende Äußerungen. Der 62-Jährige gilt als Befürworter einer strikten Asylpolitik und kritisiert oft Politiker und Gerichtsentscheidungen. Nach dem Attentat auf die hallesche Synagoge hatte er gerügt, Sachsen-Anhalts Polizei sei auf derartige Einsätze nicht ausreichend vorbereitet. „Die Frage, wo die Polizei in Halle so lange war, ist absolut berechtigt“, sagte er im Oktober.
Von einer „befremdlichen“ Entscheidung sprach SPD-Landeschef Burkhard Lischka. Er verwies darauf, dass sich Wendt in Nordrhein-Westfalen jahrelang als Polizeibeamter hatte bezahlen lassen, ohne den Dienst auszuüben. Das werde nun „mit einem Staatssekretärsposten belohnt“, rügte Lischka.
Linken-Fraktionschef Thomas Lippmann und die linke Innenpolitikerin Henriette Quade sehen in der Entscheidung einen Rechtsruck der CDU. Gestärkt würden diejenigen, „die die inhaltliche Verbindung zur AfD ausbauen und damit die Grundlage für eine zukünftige Koalition von CDU und AfD schaffen wollen“, kritisierten sie.
Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) und Innenminister Stahlknecht verkündeten die Berufung am Freitagmittag per Presseerklärung. Beide hatten sich für den CDU-Bundesparteitag in Leipzig von der gleichzeitig stattfindenden Landtagssitzung in Magdeburg entschuldigen lassen.
Die CDU-Fraktionsspitze war nicht vorab informiert. Die Grünen reagierten mit offener Kritik im Landtag. „Wir erachten das als klare Missachtung des Parlaments“, sagte Striegel, der auch Parlamentarischer Geschäftsführer seiner Fraktion ist.
Wendt ist Mitglied der CDU, hatte aber bislang keine politischen Funktionen. Für sein neues Amt werde er den Vorsitz der Polizeigewerkschaft niederlegen, sagte er dem Hauptstadtbüro der MZ. Bis zum Gewerkschaftstag im Mai soll sein Vize Joachim Lenders übernehmen.
Auch der Wechsel von Staatssekretärin Zieschang zu Bundesverkehrsminister Scheuer gilt als Überraschung. Der CSU-Politiker ist wegen mutmaßlicher Haushaltsverstöße bei der gescheiterten Pkw-Maut unter Druck. Zieschang war seit 2009 Staatssekretärin in zwei Magdeburger Ministerien. (mz)