Kabel-Fernsehen Darum müssen Mieter ab Juli 2024 eigene Verträge für TV-Sender haben
Bei einigen Haushalten könnte im kommenden Sommer der Fernseher schwarz bleiben: Ab 2024 wird die Kabel-TV-Umlage abgeschafft. Tausende Mieter in Sachsen-Anhalt müssen neue Verträge abschließen. Viele wissen das aber nicht.

Halle/MZ - Mieter mit Kabelfernsehen blicken in wenigen Monaten womöglich auf schwarze Bildschirme. Weil Ende Juni 2024 das sogenannte Nebenkostenprivileg abgeschafft wird, müssen auch tausende Haushalte in Sachsen-Anhalt neue Verträge für den Fernsehempfang abschließen.
„Vielen ist das noch gar nicht aufgefallen und einige werden es auch nicht erfahren“, sagt Diane Rocke, Referentin für Recht bei der Verbraucherzentrale. „Aber wer sich nicht kümmert, bei dem bleibt der Fernseher ab Juli schwarz.“
Sammelverträge fürs Fernsehen sind ein Relikt der 80er-Jahre
Denn bisher hatten viele Vermieter Sammelverträge mit Anbietern für Kabel-TV abgeschlossen. Die Gebühren wurden dann auf die Betriebskosten umgelegt. Die Mieter profitierten von günstigen Konditionen, konnten aber nicht selbst entscheiden, auf welchem Weg sie ihr TV-Programm beziehen wollten.
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Dieses Nebenkostenprivileg sollte in den 1980er Jahren den Ausbau des Kabelnetzes forcieren. Wer über eine Satellitenschüssel oder via Internet fernsieht, musste zusätzlich zahlen. Das Privileg wurde 2021 mit einem neuen Telekommunikationsgesetz abgeschafft, bis Mitte 2024 gilt eine Übergangsfrist für Vermieter. Deutschlandweit sind rund zwölf Millionen Haushalte betroffen.
Grund für die Abschaffung sind die technischen Entwicklungen: Heute gibt es eine Vielzahl von Empfangsarten fürs Fernsehen. Jetzt können Mieter selbst entscheiden, wie sie ihr TV-Signal empfangen wollen– oder ob sie darauf verzichten.
Wie viele Mieter in Sachsen-Anhalt betroffen sind, dazu gibt es keine genauen Zahlen. Allein bei der Gebäude- und Wohnungsbaugesellschaft Wernigerode (GWW) sind es etwa 1.500 Haushalte. „Wir haben die Sammelverträge gekündigt und alle Mieter angeschrieben“, sagt Geschäftsführer Christian Zeigermann. „Mieter können Einzelverträge mit dem alten Versorger abschließen oder wechseln. Dafür entscheidet sich offenbar ein Großteil. Es beginnt jetzt der Wettbewerb um diese Kunden.“
Umstieg vom Sammelvertrag auf Einzelverträge fürs Fernsehen jetzt schon möglich
Laut Verband der Wohnungsgenossenschaften würden im Großteil des Bestands schon jetzt umgestellt und Direktverträge abgeschlossen: „Die Mieter werden auch über die Mieterzeitschriften informiert und können sich entscheiden, mit dem alten Versorger weiterzumachen oder nicht“, sagt Verbandsdirektor Matthias Kuplich. Im Verband sind rund 110 Genossenschaften mit 150.000 Wohnungen organisiert. Eine aktive Begleitung der Kommunikation durch die Wohnungswirtschaft sei jetzt enorm wichtig. „Bis zum Juni muss alles geklärt sein, damit die Mieter nicht vor schwarzen Bildschirmen sitzen.“
Die Verbraucherzentrale geht aber davon aus, dass nicht alle Vermieter informieren. „Manche werden das nicht im Plan haben. Einige Haushalte werden also nicht wissen, was auf sie zukommt“, so Rocke. Der Anbieter Vodafone hatte vor kurzem angekündigt, Haushalte technisch zwangsabzuschalten, die nach der Gesetzesänderung nicht mehr für Kabelfernsehen zahlen.
„In jedem Fall sollten Mieter die Abrechnung genau prüfen: Ab Juli darf der Vermieter die Kabelgebühr nicht mehr umlegen, auch wenn er den Vertrag mit dem Kabelanbieter nicht gekündigt hat", sagt Diane Rocke.
Mieterbund warnt vor Verkaufsgesprächen im Treppenhaus zu Fernsehverträgen
Überfordern dürften die Änderungen vor allem Ältere. „Es ist schon für Jüngere schwierig, den Überblick in dieser Vielzahl an Angebote zu behalten“, so Rocke. Der Mieterbund Sachsen-Anhalt warnt auch vor Treppenhausgeschäften. „Es sind schon Vertreter unterwegs, die Mietern Kabelfernseh-Verträge anbieten. Man muss aufpassen, dass einem nichts aufgeschwatzt wird, was man nicht braucht. Die wenigsten wollen 60 Sender, es geht doch meist um wenige Programme“, sagt Mieterbund-Vorsitzende Ellen Schultz.
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Sie sieht auch Probleme, wenn zunehmend auf Satellitenschüsseln umgestellt würde. „Das muss vom Eigentümer genehmigt werden und viele wollen nicht, dass alle Balkons oder Dächer mit den Schüsseln verschandelt werden.“
Für Anbieter steigt der Aufwand, für Kunden die Preise
Eines steht jetzt schon fest: Mit dem Wegfall des Nebenkostenprivilegs werden sich die Kosten für Kabelanschlüsse erhöhen. „Es war vorher praktischer. Jetzt muss jeder Kunde einzeln betreut werden, der Verwaltungsaufwand wächst“, sagt Rocke. Etwa zwei bis drei Euro teurer dürfte der TV-Anschluss wohl werden.