Teure Kinderbetreuung Teure Kinderbetreuung: Wann ist die Kita für Eltern viel zu teuer?

Halle (Saale) - Als das kleine Mädchen ihre Mutter sieht, rennt sie ihr freudig entgegen. Bis in den späten Nachmittag war die Alleinerziehende auf der Arbeit, bringt ihre kleine Tochter dafür jeden Morgen in die Kita.
Viel Geld verdient sie nicht - umso schmerzhafter sind für sie die Kita-Gebühren: kein Einzelfall. Das geht aus der neuesten Studie der Bertelsmann-Stiftung hervor. Geringverdiener wie in diesem Beispiel werden bei Kita-Beiträgen mit einem fast doppelt so hohen Anteil ihres Einkommens belastet wie Eltern oberhalb des Armutsrisikos.
Laut der Studie „ElternZoom 2018“, bei der deutschlandweit rund 10.000 Familien befragt wurden, geben armutsgefährdete Haushalte, die über weniger als 60 Prozent des durchschnittlichen Einkommens verfügen, jeden Monat 118 Euro (9,8 Prozent) ihres gesamten Nettoeinkommens für die Kita aus.
Bei Familien oberhalb der Armutsgrenze sind es 178 Euro, also 5,1 Prozent. Der Kostenanteil bei Geringverdienern ist damit fast doppelt so hoch.
Hohe Kita-Beiträge: Regionale Unterschiede zwischen den Bundesländern
Die Höhe der Beiträge variiert dabei je nach Bundesland und Kommune stark. Eltern in Schleswig-Holstein zahlen mit 8,9 Prozent am meisten. In Berlin muss man im Durchschnitt nur zwei Prozent des Nettoeinkommens für den Kita-Platz zahlen. Sachsen-Anhalt liegt mit 5,8 Prozent etwa im Bundesdurchschnitt von 5,6 Prozent.
So gibt es aber auch hier Haushalte, deren Kostenanteil zwischen 1,4 Prozent und 14,9 Prozent variiert. Der Grund ist, dass in Sachsen-Anhalt die Kommunen für die Kinderbetreuung verantwortlich sind. Für diese gibt das Land in diesem Jahr 346 Millionen Euro aus.
Die restlichen Summe wird über die Landkreise, die Städte und Gemeinden sowie über die Elternbeiträge finanziert. Letztere legen die Gemeinden über eine Beitragssatzung fest. Dabei ist es sehr unterschiedlich, was in der Gebühr bereits enthalten ist oder welche Kosten zusätzlich erhoben werden. Bei Sozialhilfeempfängern werden diese vom Jugendamt übernommen. Derzeit sind das acht Prozent der Eltern.
Bei den Kita-Gebühren allein bleibt es aber nicht. Laut Studie müssen die Eltern noch Zusatzbeiträge für Essen, Ausflüge, Hygiene-Artikel und Bastelmaterialien zahlen, die im Bundesdurchschnitt 45 Euro kosten.
Einkommensschwachen Haushalte trifft es auch hier besonders hart. Sie zahlen bundesweit 3,3 Prozent (46 Euro) ihres Nettoeinkommens, Mehrverdiener 1,4 Prozent (40 Euro). In Sachsen-Anhalt fallen pro Monat rund 60 Euro Zusatzgebühren an.
Kinderbetreuung: Bildungsministerin will gebührenfreie Kita
Bertelsmann kritisiert die ungleiche Belastung und fordert, dass auch die Haushalte, deren Einkommen unterhalb der Armutsrisikogrenze liegt, keine Beiträge und Zusatzgebühren zahlen müssen. Das würde für ganz Deutschland 730 Millionen Euro jährlich kosten.
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) bekräftigte in Berlin das Ziel einer Kita-Beitragsfreiheit. Hohe Elternbeiträge könnten eine Hürde sein, sagte sie. „Das Einkommen der Eltern darf aber nicht darüber entscheiden, ob und wann Kinder in eine Kindertageseinrichtung gehen. Eine zentrale Säule unseres Gute-Kita-Gesetzes ist deshalb der Einstieg in die Beitragsfreiheit.“
Laut Koalitionsvertrag will die Bundesregierung bis 2021 rund 3,5 Milliarden Euro in die Kita-Betreuung investieren. Diese Mittel würden nach Berechnungen der Bertelsmann-Stiftung bei weitem nicht ausreichen, um alle Eltern von den Gebühren zu befreien. Pro Jahr würden 7,3 Milliarden Euro allein für die Beitragsfreiheit anfallen.
Zu wenig Erzieher in Kitas
Ein anderes Problem ist der Personalmangel, auch das zeigt sich in der Studie. Mehr als die Hälfte der Eltern - darunter auch die armutsgefährdeten Haushalte - ist bereit, höhere Beiträge zu zahlen, wenn sich dadurch die Qualität der Kitas steigert. Die Gelder sollen insbesondere in zusätzliche Erzieher und die bessere Bezahlung der Mitarbeiter investiert werden. Ein Drittel wünscht sich außerdem eine bessere Ausstattung der Einrichtungen.
In Sachsen-Anhalt werden in den nächsten Jahren viele Fachkräfte aus dem Berufsleben ausscheiden, so Ministeriums-Sprecherin Ute Albersmann. „Das Sozialministerium hat eine Arbeitsgruppe Fachkräftegewinnung ins Leben gerufen, in der auch Träger und zum Beispiel das Bildungsministerium mitarbeiten.“
Auch wolle das Land bei der laufenden Novellierung des Kinderförderungsgesetzes einerseits die Kommunen und Eltern finanziell entlasten, andererseits die Ausfallzeiten des Fachpersonals für Fortbildung, Krankheit und Urlaub stärker berücksichtigen. (mz)