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Streik im Nahverkehr Verdi mit Urabstimmung: Droht wochenlanger Stillstand im ÖPNV in Sachsen-Anhalt?

Die Gewerkschaft Verdi will ihre Mitglieder innerhalb von zwei Wochen in einer Urabstimmung entscheiden lassen, ob es unbefristete Streiks im Nahverkehr geben soll. Wenn 75 Prozent der Gewerkschaftler dafür stimmen, droht wochenlanges ÖPNV-Verkehrschaos.

Von DUR/eb Aktualisiert: 25.03.2024, 12:03
Verdi bestreikt aktuell den ÖPNV. Wenn 75 Prozent der Gewerkschaftler in einer Urabstimmung für weitere Streiks stimmen sollten, drohen wochenlange ÖPNV-Ausfälle.
Verdi bestreikt aktuell den ÖPNV. Wenn 75 Prozent der Gewerkschaftler in einer Urabstimmung für weitere Streiks stimmen sollten, drohen wochenlange ÖPNV-Ausfälle. Symbolfoto: picture alliance/dpa | Klaus-Dietmar Gabbert

Magdeburg/Halle (Saale). - Die Gewerkschaft Verdi bestreikte von Donnerstag bis Sonntag in einem 96-stündigen Streik den ÖPNV in Sachsen-Anhalt. „Wir werden die Lage eskalieren lassen“, sagte Gewerkschaftssekretär Johannes Mielke der MZ. Aber es könnte noch schlimmer kommen.

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Die Gewerkschaft Verdi hat mit einer geheimen Urabstimmung zu unbefristeten Streiks begonnen. Die in der Gewerkschaft organisierten Mitglieder können noch bis Anfang April abstimmen. Wenn mindestens 75 Prozent für unbefristete Streiks sind, wird möglicherweise wochenlang gestreikt - auch in Sachsen-Anhalt.

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Wochenlange ÖPNV-Streiks in Sachsen-Anhalt: Wie hoch ist die Gefahr?

Dem Streik ist das Scheitern der dritten Verhandlungsrunde vorausgegangen. Für weitere Angebote der Arbeitgeber sei man zwar offen, an der Urabstimmung werde das aber erst einmal festhalten, so Verdi.

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Streiks im ÖPNV: Forderungen und Angebote von Verdi und Arbeitgebern

Das sind die Forderungen der Verdi-Gewerkschaft:

  • Erhöhung der Tabellenentgelte um 550 Euro pro Monat
  • Erhöhung der Ausbildungsentgelte um 250 Euro pro Monat
  • Einführung von Zeitzuschlägen für die Arbeit an Samstagen in Höhe von 15 Prozent
  • Erhöhung der Entschädigung für geteilte Dienste auf 30 Euro je Dienstschichtteilung
  • Erhöhung der Zulagen Schicht- und Wechselschichtarbeit auf 140 Euro bzw. 240 Euro
  • Einberechnung der gesetzlichen Pausen in die Arbeitszeit im Fahrdienst
  • Verlängerung der Regelungen zum Jubiläumsgeld
  • Übernahme der Kosten für den Erwerb des Führerscheins der Klasse B für Auszubildende, wenn dieser dienstlich notwendig ist
  • zwei zusätzliche freie Tage zur Prüfungsvorbereitung vor Zwischen- und Abschlussprüfungen bei Azubis
  • Angleichung der Zusatzleistungen an die Regelungen des TV-N Sachsen-Anhalt für Auszubildende
  • Erhöhung der Jahressonderzahlung der Azubis auf 65 Prozent

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Das sind die Angebote der Arbeitgeber:

  • 2.000 Euro Inflationsausgleichsgeld (je 1.000 Euro im April und August)
  • Steigerung der Entgelte um 4 Prozent zum 01.09.2024
  • Steigerung der Entgelte um weitere 6 Prozent zum 01.05.2025
  • Schaffung einer neuen Stufe 5 (nach 3 Jahren in Stufe 4) zum 01.01.2025 mit einer Differenz von 2,5 Prozent zur Stufe 4
  • Samstagszuschlag ab 16 Uhr: 10 Prozent
  • Entschädigung für geteilte Dienste: 12 Euro
  • Anpassung der Schicht- und Wechselschichtzulage entsprechend der prozentualen Erhöhungen
  • Laufzeit: 31.12.2025

Die Forderungen der Arbeitgeber im Gegenzug:

  • Eingriff in den Krankengeldzuschuss
  • Wegfall der Wechselschicht im Fahrdienst
  • Eingriff in den Kündigungsschutz: Möglichkeit für betriebsbedingte Änderungskündigungen
  • Erhöhung der Wochenarbeitszeit auf bis 42 Stunden für Beschäftigte ab der EG9 (freiwillig)
  • Laufzeit: 31.12.2028

Arbeitgeberverband Sachsen-Anhalt reagiert mit Entrüstung auf Verdi-Streiks

Der Kommunale Arbeitgeberverband (KAV) reagierte generell mit "völligem Unverständnis und Entrüstung" auf die Streik-Ankündigung durch Verdi. Man habe ein stark verbessertes Angebot mit einer Gehaltssteigerung um bis zu 12,5 Prozent abgegeben.

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Entsprechend fordere man die Gewerkschaft auf, "die Verhältnismäßigkeit zu wahren, Streiks zu unterlassen und gemeinsam am Verhandlungstisch Lösungen zu erarbeiten“, so Diana Häseler-Wallwitz, Verbandsgeschäftsführerin des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Sachsen-Anhalt.

Was ist eine Urabstimmung?

Eine Urabstimmung ist die geheime Abstimmung aller Verdi-Mitglieder, die dem Tarifvertrag unterliegen. Im konkreten Fall geht es um die Frage, ob sie bereit sind, für die Durchsetzung ihrer Forderungen unbefristet zu streiken oder nicht. Um in den Streik zu gehen, müssen sich laut der Gewerkschaft mehr als 75 Prozent der stimmberechtigten und nicht verhinderten Mitglieder dafür aussprechen.

Wie geht es nach der Urabstimmung der Verdi-Gewerkschaft weiter?

Wenn die Verhandlungsparteien, in diesem Fall also Verdi und der Arbeitgeberverband, nach einem Streik ein Verhandlungsergebnis erzielen, wird dieses Ergebnis einer erneuten Urabstimmung unterzogen.

"Sollten sich hierbei mehr als 25 Prozent der aufgerufenen und nicht verhinderten Gewerkschaftsmitglieder für die Annahme des Verhandlungsergebnisses aussprechen, wird der Arbeitskampf beendet", so Verdi. Über die endgültige Annahme des Verhandlungsergebnisses entscheide die sogenannte Tarifkommission.