Stendal Stendal: Wahlfälscher belastetet Parteifreunde im Untersuchungsausschuss

Magdeburg - Der wegen Wahlfälschungen in Stendal verurteilte Ex-CDU-Stadtrat Holger Gebhardt hat im Untersuchungsausschuss des Landtags den langjährigen CDU-Kreischef als Anstifter der Fälschungen benannt. Dieser habe ihn in einem persönlichen Gespräch darum gebeten, sagte Gebhardt am Freitag.
Als er Bedenken äußerte, habe der Kreischef gesagt, er solle sich keine Sorgen machen, da man bereits gute Erfahrungen mit dem Vorgehen gemacht habe. Gebhardt betonte, er habe bereits im Prozess vor dem Landgericht den Namen genannt.
Das sei in der Urteilsbegründung aber nicht korrekt wiedergegeben worden. Der ehemalige Kreischef hatte bei seiner Befragung im U-Ausschuss von einigen Monaten jede Aussage verweigert.
Gebhardt war im März 2017 wegen Wahlfälschung zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Er hatte zugegeben, Briefwahlvollmachten gefälscht und fremde Wahlunterlagen selbst ausgefüllt zu haben. Die Kommunalwahl 2014 wurde nach Bekanntwerden der Manipulationen wiederholt. Der Grünen-Innenpolitiker Sebastian Striegel sagte der MZ im Anschluss: „Die Einzeltäterthese ist nicht mehr zu halten.“ Gebhardt habe sich als glaubwürdiger Zeuge präsentiert. „Hier ist ein Riesenschaden für die Demokratie entstanden.“
Aus der Befragung ergäben sich auch neue Fragen an den CDU-Landtagsabgeordneten Hardy Peter Güssau, so Striegel. Güssau war 2016 aufgrund seiner unklaren Rolle in der Stendaler Briefwahlaffäre als Landtagspräsident zurückgetreten.
Auch die Linken-Abgeordneten Henriette Quade und Wulf Gallert erklärten, Gebhardt sei glaubwürdig aufgetreten und habe in wesentlichen Punkten schon gehörten CDU-Zeugen im U-Ausschuss widersprochen – neben Güssau und Kühnel treffe das auch auf die Aussage von Stendals Oberbürgermeister Klaus Schmotz zu.
Die Linken bewerten Gebhardts Auftritt als glaubwürdig. „Der Zeuge wirkte insgesamt sehr gefasst, konzentriert und widerspruchsfrei und begründete seine Aussagen auch damit, diesen Fall für sich persönlich aufarbeiten zu wollen.“
Quade und Gallert zogen deshalb den Schluss: „Nach der heutigen Zeugenaussage war Herr Kühnel Initiator der Wahlfälschung und hatte Kenntnis darüber.“ Weiter sagten sie, „wenn sich die heute getätigten Zeugenaussagen von Holger Gebhardt nicht widerlegen lassen, ist klar, dass es bei der CDU Stendal ein Geflecht gegeben hat, das die Wahlfälschung ermöglicht, begünstigt und eingefordert hat“. Laut den Linken habe Gebhardt dem Ausschuss zudem mitgeteilt, dass die Polizei die Ermittlungen mit einer Befragung seiner Person wieder aufgenommen habe.
Nach der Zeugenbefragung am Freitag forderte die AfD-Fraktion „die sofortige Wiederaufnahme des Ermittlungsverfahrens gegen Herrn Kühnel und Anklageerhebung durch die Staatsanwaltschaft“. Kühnel hatte im August jegliche Aussage vor dem Untersuchungsausschuss verweigert. Er wolle sich vor der Gefahr einer Strafverfolgung schützen, ließ der 64-Jährige damals über seinen Anwalt erklären. Nicht einmal die Tatsache, dass er Stendals CDU-Chef war, hatte er bestätigen wollen. "Es gibt keine Frage, die für Herrn Kühnel nicht gefährlich werden könnte", erklärte der Anwalt damals. (dpa/js/mz)